Der rote Faden…

Wieder neigt sich ein voller und vor allem schweißreicher Tag dem Ende zu (kein Strom!), alle Kinder sind im Bett und ich habe endlich Zeit und Ruhe zum Schreiben. Aber leider kommt mit der Dunkelheit meist auch die Leere in meinem Kopf zum Vorschein, sehr grotesk, denn den ganzen Tag über sind meine Gedanken immer mindestens genauso busy wie das Leben um mich herum. Nur leider habe ich da in der Regel keine Gelegenheit, all diese Gedankenblitze einzufangen und mit Hilfe des Schreibfilters zu ordnen und zu sortieren.

Ich erinnere mich wage daran wie es war, als ich noch keine Kinder hat, ja noch nicht mal verheiratet oder befreundet war und wie viel Zeit ich damals mit Schreiben verbracht habe. Das Schreiben ist für mich schon seit vielen Jahren ein wesentlicher Weg, um zu verarbeiten. Entdeckt habe ich das allerdings erst durchs Tun. Als ich mit 13 Jahren mein erstes Tagebuch geschenkt bekommen habe (ich erinnere mich noch genau daran,  von wem ich es bekam und wie es aussah), konnte ich damit nicht wirklich viel anfangen. Aber da mir dieses kleine Büchlein sehr gut gefallen hat und ich die Idee toll fand, habe ich angefangen einfache Alltagserlebnisse, Gedanken und Gefühle darin festzuhalten. Ein kleiner, zögerlicher Anfang, dem in den folgenden Jahren viele weitere Bücher gefolgt sind, da ich durch das Schreiben einen interessanten und tiefen  Zugangsweg zu mir selbst gefunden hatte. Ich weiß nicht, wie viel Papier, Tinte, Kulli und sonstige Stifte ich in meinem Leben schon außerhalb des schulischen Bedarfs „verschrieben“ habe – definitiv viel.  Und ein Großteil davon ist langatmiges Gefühlswirrwarr aus meinen Teeniejahren, worüber ich vielleicht eines Tages schmökern und sehr viel schmunzeln werde – wenn man die Tagebücher bis dahin noch lesen kann und die Tinte nicht völlig ausgebleicht sein sollte. Und wenn ich natürlich die Zeit und Muße dazu finde.

Es gab Phasen in meinem Leben, da hatte ich immer einen Zettel oder einen kleine Block inklusive  Stift bei mir, um jederzeit dafür gewappnet zu sein, wichtige Gedankenblitze festhalten zu können. Denn gerade wenn ich unterwegs war, sind meine Gedanken oft ebenfalls auf Wanderschaft gegangen und haben teils wirklich interessante Gebiete erschlossen. Und wenn man auf diesen Zug nicht direkt aufspringt, ist er weg und kann anschließend in der Regel nicht mehr wirklich zurück geholt werden.

Auch heute erlebe ich dergleichen noch  oft genug, aber es gibt keinen Stift mehr und ich verspüre auch nur noch selten etwas von dieser inneren Anspannung, das mir wichtiges verloren geht, wenn ich dem Drang des Festhaltens nicht nachgeben kann. Wobei ich auf der anderen Seite durchaus weiß, dass viele Gedanken und Erkenntnisse wirklich mit den Wolken dahin ziehen und sich so schnell verändern können, das man das Bild nachträglich nicht mehr treffend beschreiben kann. So ist es  einfach und ich muss lernen, damit zu leben und trotz meiner Begrenztheit (in Zeit und Ruhe) zufrieden zu sein. Aber gleichzeitig eine gesunde Balance finden und trotz vollem Alltag mir immer wieder bewusst Zeiten zum Schreiben einplanen,  aus dem Wissen heraus, dass es für meine Seelenhygiene notwendig ist.

Das Leben mit Kleinkindern bringt  viele Momente mit sich, wo man sozusagen im Alltag festsitzt und nichts weiter tun kann, als den Gedanken nachzuhängen. Evt. mag dieser Prozess durch meine aktuellen Lebensumstände noch begünstigt sein, denn die Möglichkeit der alltäglichen Zerstreuung mit Hilfe außerhäuslicher Aktivitäten sind hierzulande doch eher begrenzt. So ergibt es sich in ziemlich regelmäßigen Abständen, dass ich gemeinsam mit meinen Kindern in ihrem Spielzimmer sitze, Puppen an und aus ziehe, Schienen verlege, Legohäuser entwerfe und einrichte, genüsslich Plastiklebensmittel verspeise (natürlich nur vorgetäuscht), Bilderbücher über Bilderbücher wälze, Bauklötze staple und Stofftiere verarzte; um nur ein paar Beispiele benannt zu haben. Und parallel dazu gehen die Gedanken auf Wanderschaft, angestoßen durch einen konkreten Anlass, oder durch Lebensumstände, durch ein Buch oder einen Zeitschriftenartikel. Das ist einerseits schön, denn man hat wirklich mehr als genug Zeit zum Nachdenken. Andererseits  fühlt  es sich für mich oftmals auch sehr frustrierend an, da ich genau weiß, dass wenn ich am Abend die Zeit haben sollte, um festzuhalten bzw. weiter- und tiefer zu verfolgen, was sich da gerade in meinem Kopf entwickeln und als Bild abzeichnen möchte, genau dieser Kopf wieder wie leergefegt und ausgeblasen ist. Aber inzwischen habe ich mich auch daran gewöhnt und mehr Gelassenheit entwickelt. Ich hoffe und bete, dass die wirklich wichtigen Dinge hängen bleiben und es dann auch bis ins Tagebuch schaffen…. oder zeitweise  auch in kleinen Auszügen hier auf den Blog, so wie heute 🙂

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