Der Tod und seine Folgen

„Der Tod ordnet die Welt neu. Scheinbar hat sich nichts verändert und doch ist alles anders geworden.“ 

Dieses Zitat habe ich während unseres Deutschlandaufenthaltes in der Zeitung gelesen und direkt aufgeschrieben. In den letzten Monaten hat sich diese simple und auf den ersten Blick sehr widersprüchliche Aussage in mehrfacher Hinsicht auch in meinem Leben bestätigt. Das Leben läuft weiter und der Alltag gibt in seiner Routine Sicherheit, Verlässlichkeit und Halt. Die meiste Zeit scheint sich also wirklich NICHTS verändert zu haben. Aber dann gibt es Momente, in denen plötzlich ALLES anders ist. Momenten, in denen mir schmerzlich bewusst wird, was ich verloren habe und wie sehr ich es vermisse. Und ich muss sagen, dass es absolut einschneiden ist, wenn man seine Mutter verliert! Ich weiß gar nicht, wie oft ich in den vergangenen 11 Monaten den Wunsch hatte, meiner Mutter einfach nur eine simple Frage stellen zu können. Meist ging es dabei um Kleinigkeiten und ich bin mir sicher, dass sie darauf eine Antwort gehabt hätte. Oder ich hatte einfach nur das Verlangen danach, ihre Stimme zu hören, die Art, wie sie redet, wie sie lacht und wie sie Dinge ausdrückt. Es ist so ruhig geworden ohne sie.

Während unserer Zeit in Deutschland haben wir sehr deutlich die „Neuordnung“ der Welt erlebt und es war oft genug eine Mischung aus: „nichts hat sich verändert“ und „alle ist anders geworden“; auch wenn das grotesk klingen mag. Als wir im Sommer/Herbst 2008 für mehrere Monate in meinem Elternhaus gewohnt haben, gab es bereits schon einige Phasen, in denen meine Mutter aufgrund ihrer Krankheit nicht zu Hause war. Ihre Abwesenheit im Alltagsleben war folglich nicht total neu für uns in diesem Jahr… nur leider war es trauriger Dauerzustand und keine vorübergehende Phase! Und das war etwas anderes. Die „Chefin“ des Hauses gibt es nicht mehr und daran mussten wir uns alle Stück für Stück gewöhnen.

Wir haben Kleiderschränke entleert und viel im ganzen Haus ausgemistet. Dabei haben wir Vertrautes in Händen gehalten, Altes wieder neu entdeckt, manche „Schätze“ gefunden, uns erinnert, gelacht und geweint. Das ist wohl auch ein wichtiger Teil der Trauerarbeit.

Die wesentlich größere Veränderung in diesem Jahr war für uns alle mein „neuer“ Vater. Im Frühjahr hat er übers Internet eine Bekanntschaft gemacht, die sich schnell intensiviert und vertieft hat. Als wir dann für ein paar Monate in Deutschland waren haben wir deutlich gemerkt, dass sein Alltag durch eine neue Priorität bestimmt wird. Wir haben neue, uns bisher unbekannte Seiten an ihm entdeckt, manche Auseinandersetzungen gehabt, geweint und getrauert. Plötzlich mussten wir uns nicht nur mit dem Tod unserer Mutter auseinander setzen, sondern auch mit den bevorstehenden Veränderungen in unserem Familienleben und Elternhaus. Schnell war klar, dass die Sache ERNST ist und bald stand fest, dass mein Vater wieder heiraten möchte. Das Ganze kam so schnell und massiv auf uns alle zu, dass es sich emotionall gesehen wie ein Erdbeben mit Totalverwüstung angefühlt hat.

Am 12.11. hat mein Vater nun standesamtlich geheiratet. Seine neue Frau Anna-Elisabeth ist ebenfalls verwittwet, hat 5 Kinder und 4 Enkel, spielt ein Blasinstrument und ist gerne mit dem Rad unterwegs – viele Gemeinsamkeiten, die die beiden verbinden.

Derzeit laufen die Renovierungsarbeiten in meinem Elternhaus auf Hochtouren und eins ist sicher: wenn wir wieder nach Deutschland kommen, wird sich ALLES verändert haben!

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