Eine Gleichung mit vielen Unbekannten

ein Sinnbild für das Leben im Allgemeinen; und unseres im speziellen. Ja, zumindest erlebe ich mein Leben irgendwie die meiste Zeit so. Diese Tatsache steht den menschlichen Grundbedürfnissen nach Sicherheit, Berechenbarkeit, Verlässlichkeit und Vorhersagbarkeit konfrontativ gegenüber. Fakt ist, dass keiner von uns sicher weiß, was der morgige Tag, die kommende Woche oder das vor uns liegende Jahr mit sich bringen wird – oder? Wir machen alle unsere Pläne, eingebettet in feste Tagesabläufe, die durch den beruflichen Alltag, die Schule, Vereinstätigkeit usw. vorgegeben sind, und versuchen mit gewisser Zielstrebigkeit, diese Pläne anschließend in die Tat umzusetzen. Der Terminkalender ist unser treuer Begleiter und entlastet unser Gedächtnis – auch ich habe einen – , aber er erfüllt nicht die volle Funktion bezüglich der Berechenbarkeit und Planbarkeit unserer nahen und fernen Zukunft. Was meine ich damit konkret?

Es geht um die sogenannten “ vielzähligen Unbekannten“ in unserer Lebensgleichung. Jeder hat damit zu tun, aber nicht bei jedem sind sie so offenkundig. Hier ein paar Beispiele aus unserem Leben:

Fangen wir mit der Schule unserer Kinder an. Momentan besuchen die drei Mädels eine Internationale Schule ganz in unserer Nähe. Sie gehen überwiegend gerne hin, haben Freude am Lernen und einige gute Freunde dort gefunden. Dafür sind wir total dankbar! Wir wissen allerdings nicht, wie lange sie in diese Schule gehen können, da die Schulgebühren schon jetzt sehr hoch sind (knapp die Hälfte unseres monat. Gehaltes) und für das kommende Schuljahr evt. erneut erhöht werden. Nun heißt es abwarten bis zur Elternversammlung Ende Juni, wo dann unter anderem über die Schulgebühren entschieden werden soll.

Ein weiteres Beispiel ist die Arbeitssituation in unserem Projekt. Fest steht, dass zum Jahresende Ha-Dis zweite Hand in der Werkstatt zurück in die Heimat gehen wird. Bisher ist keinen Ersatz für ihn in Sicht und wir haben auch keine Ahnung, wie Ha-Di das alleine schaffen soll. Wir hoffen auf baldige, passende Verstärkung und sind bis dahin dankbar über jeden Tag, wo er noch Unterstützung hat.

Wann kommen wir wieder nach Deutschland? Eine Frage, die wir immer wieder gestellt bekommen – und uns auch selbst stellen. Ha-Di wird diesen Sommer für zwei Wochen auf deutschem Boden unterwegs sein. Aber darüber hinaus können wir bisher nichts Weiteres planen. Wir  hoffen, dass wir 2012 kommen können, aber da Ha-Di die Hauptverantwortung für die Werkstatt hat kann er nicht so ohne weiteres für mehrere Wochen die Insel verlassen. Das war noch wesentlich einfacher bevor die Werkstatt fertig und eröffnet war und bevor wir Azubis und Angestellte hatten. Dazu kommen noch die veränderten Wohnverhältnisse in meinem Elternhaus, weshalb wir kein eigentliches Zuhause mehr in Deutschland haben, wo wir unterkommen können. Ein weiterer Aspekt der uns in die Haltung des vertrauenvollen Abwartens „zwingt“…

Vor einigen Wochen – als Roxanne recht plötzlich mit ihren Töchtern nach Hause geflogen ist – waren ziemlich viele Gedanken in meinem Kopf am kreisen. Was ist, wenn Evy wirklich solche gesundheitlichen Probleme haben sollte, dass sie nicht mehr zurück kommen können? Was ist, wenn Ha-Dis Eltern nicht mehr hier her kommen könnten…? Sind wir dann vielleicht bald wieder ganz alleine; ohne Team?

„Sorge dich nicht um morgen, denn der morgige Tag wird für das seine sorgen…“ – eine einfache Aufforderung aus der Bibel; aber wie real ist sie in meinem Alltag gerade inmitten all dieser unberechenbaren Variablen? Lebe ich denn tatsächlich nach diesem Prinzip?

Oft genug ganz und gar nicht, denn es entspricht definitiv nicht meinem Naturell.

Vielleicht ist es sogar ein gewisses Vorrecht, dass mein Leben offenkundig an sehr vielen Punkten unberechenbar ist und vorerst auch bleiben wird. Denn dadurch verfalle ich nicht zu leicht dem „Glauben“, dass alles planbar, sicher und vorhersagbar ist. Das fängt für mich z.B. schon beim Wäsche waschen an. Meist klappt es ohne Zwischenfälle, aber immer wieder fällt der Strom aus (der häufigste Störfaktor), oder die Maschine geht einfach nicht (wegen Kurzschluss, defektem Stecker…) oder es gibt kein Wasser… Vor einigen Wochen hatten wir z.B. kein Wasser mehr im Hochtank und in unserer Zisterne. Und irgendwie kam auch kein Stadtwasser mehr nachgelaufen. Also musste Ha-Di erst Mal die Pumpe zu unserem Brunnen unter die Lupe nehmen, denn da kaum auch nichts. Oder war der Brunnen gar versiegt, weil wir ihn so lange nicht genutzt hatten? Glücklicherweise konnte Ha-Di recht schnell den Fehler an der Pumpe finden und beheben. Dennoch kam weiterhin kaum Wasser in der Zisterne an. Als er die Wasserzuleitung etwas genauer betrachtet hat, kam eine Pflanze zum Vorschein, die dort einfach im Rohr gewachsen ist und den Wasserfluss damit fast komplett verhindert hat. Nachdem er sie entfernt hatte, kam endlich Wasser und ich konnte wie geplant waschen – nur eben einige Stunden später als erwartet.

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