Wenn beim Singen die Tränen kommen…

Warum fällt es mir meist so schwer, den Anfang zu finden? Das war schon früher so, wenn ich in der Schule eine Geschichte oder einen Aufsatz schreiben sollte. Dieser erste Satz! Warum fängt immer alles mit diesem ersten Satz an, wo sich doch genau der immer so selten auf Anhieb von mir finden lässt. Tja, und das ist bis heute so geblieben…

Kann man nicht einfach zum zweiten Satz übergehen? Oder einfach mitten drin anfangen, da wo die Gedanken sich gerade befinden? Manchmal mache ich das tatsächlich so. Und dank moderner Technik ist das ja auch kein Problem. Man kann anfangen, wo man will, so lange man nicht aus dem Auge verliert, dass da eventuell noch was fehlt 🙂

Oder man fängt mit blablabla an – so wie ich heute mal.

Das ist auch ok, solange man nicht vergisst, warum man überhaupt angefangen hat, zu schreiben. Was will ich heute erzählen…?

Ein bißchen über meinen Schmerz. Ein wenig über meine Tränen, die immer mal wieder fließen oder fließen wollen, aber dann doch nicht so ganz können, weil ich grad nicht wirklich will. Auch das kommt leider oft genug vor.

Ich frage mich, ob ich jemals wieder Zeiten des Lobpreises haben kann, ohne das der Schmerz kommt? Ich frage mich, ob es an der Sache selbst liegt, oder nur an den Gedanken, die in diesen Momenten in mir aufkeimen? Wäre Letzteres der Fall, müsste ich dann als logische Konsequenz lediglich die Gedanken abwenden, sie einfach nicht mehr zulassen? Oder sollte ich ganz entspannt meinen Frieden damit schließen, es annehmen und damit leben? Wird es wirklich für den Rest meines Lebens dazu gehören? Und falls ja, wäre das schlimm?

Da sitze ich also auf der Couch bei unseren Teamkollegen und wir singen gemeinsam. Ich liebe es, zu singen. Seit ich singen kann, habe ich gerne gesungen. Ich singe gerne in der Gruppe, ich singe gerne mit unserem Team, ich singe gerne allein, ich singe gerne im Auto, ich singe besonders gerne in der Gemeinde, manchmal singe ich auch unter der Dusche – aber das doch eher seltener – , ich singe beim Kochen, ich singe mit den Kindern – das könnten wir durchaus öfter machen…

Meist passiert es nicht gleich am Anfang. Es folgt auch keinem bestimmten Ablauf oder gekoppelt an bestimmte Lieder. Nein. Es kommt einfach. Mal früher, mal später, aber wenn ich in der Gruppe singe kommt es immer irgendwann. Es kommt nicht jedes Mal gleich intensiv und manchmal ist da auch nicht unverzüglich Schmerz dabei, sondern einfach nur der Gedanke an sie.

Manchmal sehne ich mich total danach, endlich mal wieder ihre Stimme zu hören. Ich will sie hören und sehen, wie sie singt. Ich will vor der noch verschlossenen Türe eines Saales stehen und bereits von der Ferne ihre Stimme hören, so wie ich das früher oft erlebt habe. Ich merke, dass ich keine akustische Erinnerung mehr an ihre Stimme, an ihren Gesang habe. Aber ich weiß auch, dass ich sie, würde sie jetzt und hier in einer Gruppe singen, sofort wiedererkennen würde. Und ich vermisse sie so sehr!

Manchmal spüre ich während des Singens, wie in mir die Gewissheit zunimmt, dass es nur eine Frage der Zeit ist, bis ich wieder neben meiner Mutter stehen und mit ihr gemeinsam singen werde. Und dieser Gedanke bringt meist ein Lächeln auf mein Gesicht, denn genau in diesem Moment freue ich mich darauf. Es gibt mir Trost und Zuversicht in meinem Schmerz.

Manchmal kommen dann tatsächlich Tränen und ich kann nicht mehr singen… Singen und gleichzeitig weinen klappt nicht so gut; zumindest bei mir.

Ich weiß, dass Musik und in besonderer Weise Lobpreis, für mich immer in Verbindung mit meiner Mutter stehen wird. Sie hatte nie eine richtige Gesangsausbildung und wollte auch nie als Star allein in der ersten Reihe stehen. Das war ihr in Kindheitstagen für die Besuche bei der Großmutter vorbehalten, die sie stets auf den Esstisch gestellt hat, damit meine Mutter für sie ein Lied vorsingt. Später hat sie für längere Zeit im Chor gesungen, was ihr viel Freude gemacht hat. Auch daran kann ich mich noch erinnern und ich war sogar bei ein paar Auftritten dabei. Sie hat stets von und aus ganzem Herzen gesungen. Im Singen war sie in besonderer Weise lebendig. Ich denke, es ist diese Art von Lebendigkeit, die man an Leuten wahrnimmt, wenn sie in ihren Gaben aufblühen und leben.

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Die Kleine mit den schwarzen Haaren ist meine Mutter

 

Happy Birthday, geliebte MAMA! In meinem Herzen singe ich Dir ein Ständchen und denke am heutigen Tag in besondere Weise an Dich.

2 Kommentare

  1. Hab lange nichts mehr kommentiert, wir hatten ein ereignisreiches Jahr 2014 in unserer Familie, aber ich habe hier immer alles gelesen. Der Blog bewegt mich sehr.
    Besonders die Zeit in Deutschland, als die kleine Annelie so schwer krank war, hab ich mit gelitten.
    Heute muss ich wieder mal schreiben. Oh, ich verstehe es soooo gut.
    Ich war schon 55 als meine Mutter heimging. Sie war grade 80 Jahre alt geworden und wurde dann an meinem 56 Geburtstag beerdigt.
    Auch mir kommt oft die Tränen, wenn ich an sie denke, mich etwas an sie erinnert usw. und das kommt oft vor.
    WEnn man dann schon so jung die Mutter verliert, ist es – kann ich mir vorstellen – umso schwerer.
    Viel Kraft und wie schön, wir werden unsere Mütter in der Ewigkeit bei unserem Herrn wiedersehen.
    Liebe Grüsse unbekannterweise aus dem kalten Wermelskirchen.
    Renate Bäcker

    1. Author

      Liebe Renate
      Danke für die liebe Rückmeldung. Ja, es ist nicht schön, wenn man so früh von seiner Mutter Abschied nehmen muss. Und vor allem für meine Geschwister war es ja noch viel früher. Meine jüngste Schwester war gerade mal 17.
      Wie wunderbar ist es da doch, dass wir diese einzigartige Hoffnung haben dürfen, die Hoffnung auf ein Wiedersehen.
      Liebe Grüße
      Doro

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