O-Ton Ben

Erst gestern habe ich mich mit Ha-Di darüber unterhalten, dass wir in unserem Alltag eigentlich viel mehr filmen müssten. Benjamin entwickelt sich so rasant und lernt wirklich jeden Tag dazu. Gerade im Bereich Kommunikation ist das besonders stark und wir staunen des Öfteren, was der kleine Kerl so alles von sich gibt. Dabei sind es nicht nur die Aussprüche als solche, sondern meist die gesamte Situation, wie Ben dabei schaut oder was für Bewegungen er dazu macht. All das lässt sich mit einfacher Erzählung überhaupt nicht einfangen. Und die Erfahrung zeigt, dass man so vieles leider komplett vergisst. Selbst wenn es gefühlt doch erst gestern war, als unsere großen Kinder so klein waren… oder?

Das legt den Schluss nahe, dass wir eigentlich noch viel mehr von diesen alltäglichen Momenten in Videos festhalten sollten. Dank der guten Handy-Technik kann man nicht einmal behaupten, dass der Aufwand dafür zu groß sei. Schließlich sind es nur wenige Handgriffe und schon hält man ein kleines Stückchen Gegenwart für die Zukunft fest.

Die Erfahrung zeigt aber auch, dass selbst ein kleines Handy den Fluss des Lebens ziemlich schnell zum Stocken bringt. Kaum zückt man dieses Teil, ist es der Fokus aller Aufmerksamkeit. Außerdem kündigen sich die wirklich witzigen Momente oder Aussprüche in der Regel nicht vorab an. Tja, es ist eben das Leben und nicht das Storybook einer Fernsehserie, auch wenn ich mir an vielen Tagen wie in einer solchen vorkomme.

Immer mal wieder erkämpfe ich mir die Zeit, um wenigstens ein bisschen von diesem unserem Leben einzufangen und festzuhalten. Es gelingt mir schon seit vielen Jahren nur noch sehr begrenzt, weil die Lebensfülle so unglaublich groß und die freien Hände im Gegensatz dazu extrem selten sind. Nun will ich mich aber nicht im Philosophieren verlieren, sondern mich darum bemühen, mein Gedächtnis um ein paar spruchreife Momente zu erleichtern.

Manche Wörter sind einfach so niedlich, wenn er sie sagt. Einer meiner aktuellen Favoriten ist „das glubert“ (= blubbert). Ben gebraucht es nicht nur dann, wenn tatsächlich irgendwo was blubbert, wie z.B. das Essen im Topf oder der Sprudel im Glas.

Bei vielen Dingen schiebt er die Erklärung vor, dass es „fählich“ (= gefährlich) sei. Einige Zeit kam dieses Wort immer dann, wenn wir ihn zu einem Gang auf die Toilette ermutigen wollten. „Nein. Fählich!“ Und damit war das Thema für ihn vom Tisch. Auch beim Rodeln ließ er es das ein oder andere Mal verlauten, wenn er nicht mitfahren wollte, weil es ihm zu schnell war.

Über viele Wochen hinweg war es Benjamins festes Morgenritual, dass er unmittelbar nachdem er aus dem Schlafzimmer getapst kam – meist noch ziemlich wacklig und halb blind, weil sich seine Augen noch nicht an die Helligkeit gewohnt hatten – mit freudigem Ton ein lautes „BEN DA!“ von sich gab. Die volle Aufmerksamkeit aller bereits am Frühstückstisch versammelten Familienmitgliedern war ihm damit stets sicher und in der Regel bekam er auf seine Begrüßung auch ein herzliches Feedback.

In vielen Worten und Satzfetzen erkennen wir allerdings oft genug Josia und seine Aussprüche wieder. Spracherwerb geschieht eben durch Nachahmung. Und dabei ist es dem Lernenden ziemlich egal, welches Vorbild er in diesem Prozess bekommt. So ist es keine Seltenheit, dass die zwei Jungs unmittelbar nacheinander das gleiche Wort von sich geben – bevorzugt, wenn es um so Dinge wie Fernseh gucken oder Tablet spielen geht. Ben verpackt seine Ansage im Gegensatz zu seinem älteren Bruder vorbildlich in ein Satzgefüge, was sich dann wie folgt anhört: „Ben au Babet (= Tablet).“ Dieses BEN AU ertönt gefühlt in jedem zweiten Satz.

Neulich wollte er unbedingt das Gläschen mit dem Öl haben, welches ich vergeblich zu öffnen versucht hatte. Sein Kommentar: „Ben schafft des!“ Und das spiegelt sehr gut wider, was hier tagtäglich sein Grundtenor ist: Er möchte Dinge selbst machen!

„Nein, Ben macht das!“ ist neben dem „Ben au (= auch)…“ einer der meist genutzten Sätze vom kleinen Mann. Und zwar bei allem und überall. Er möchte derjenige sein, der die Türe öffnet, wenn es klingelt. Er möchte das Licht anmachen oder die Schublade auf. Er möchte die Lebensmittel aus dem Keller holen und mit dem Kochlöffel im Topf rühren. Diese Liste wird konstant länger. Meine Geduld und Nerven wachsen leider nicht in dem dafür benötigten Umfang. Und manche Dinge kann er einfach beim besten Willen und Zutrauen noch nicht selbst machen. Einsicht ist leider absolute Mangelware.

Wenn er von sich selbst spricht dann ist das der „Benamin“, manchmal sagt er auch „Ben“. Ich finde es wirklich lustig, dass er viel häufiger seinen vollen Namen nennt, obwohl wir ihn selten so nennen.

Lieder ist auch so ein Thema. Ich hatte bereits davon erzählt, dass Ben ein großer Freund von Hörbüchern ist – allen voran die Paw Patrol. Und so kam er vor kurzem tatsächlich singend daher „pa dol pa dol, Helfa auf vie pfote…“ In solchen Momenten steht mir dann meist kurz der Mund offen.

Bei unserem abendlichen Kuscheln im Bett kommt inzwischen oft die genaue Ansage, was er für ein Schlaflied möchte. Wenn ich dann gedankenverloren doch das falsche anstimme, hagelt es sofort Protest. Denn wenn er „la le“ hören will, dann darf ich natürlich nicht vom aufgehenden Mond singen. Nachdem ich über einen längeren Zeitraum hinweg nur noch das La-Le-Lu-Lied singen durfte, war ich sehr überrascht, als auf meine Frage >Welches Lied soll ich singen?< die Antwort: „MOND“ kam. Und seit Tagen singen wir jetzt nur noch Der-Mond-ist-aufgegangen.

Neulich haben wir vor dem Schlaflied noch kurz zusammen gebetet. Ich habe aufgezählt, was an diesem Tag alles war und wofür wir danke sagen. Nach jedem Punkt kam von ihm ein zustimmendes JA. Als ich fertig war hörten wir im Nebenzimmer Josia reden und Ben sagt: „Danke Sia (= Josia) da.“ Und es folgten noch ein paar nette Worte von ihm. Leider erinnere ich mich nicht mehr an weitere Details. Es war auf jeden Fall sehr berührend.

Wenn wir dann beim gemeinsamen Abendessen sitzen, der kleine Mann an seinen Zähnen rumfummelt und etwas gestresst ein: „Steckt fest“ ertönt, ist das schon ziemlich witzig und man denkt nicht, dass die Situation noch besser werden könnte. Wurde es aber. Denn sein nächster Satz war: „Oh, mein Zahn wackelt!“ Das stimmte natürlich nicht. Aber sein großer Bruder hatte nur wenige Stunden zuvor tatsächlich einen Wackelzahn verloren. Und irgendwie scheint ihn dieses Erlebnis immernoch sehr zu bewegen. Die kommenden zwei Tage hatte er es in unterschiedlichen Zusammenhängen immer wieder thematisiert.

Beim Frühstück hatten wir vor kurzem dieses lustige Gespräch miteinander. Ben entdeckt, dass in seiner Strumpfhose ein kleines Loch ist. Er sagt: „Oh, da isa Loch drinne.“ Ich bestätige: „Ja, da ist ein Loch in deiner Strumpfhose.“ Ben weiter: „Ben reinbisse.“ Ich: „Was? Der Ben hat da reingebissen?!“ Ben schüttelt grinsend den Kopf und entgegnet: „NEEIN! Sia (Josia) war das!“

Als ich vor Kurzem an meinem Schreibtisch saß und etwas Arbeit am Computer erledigt habe, kam er lächelnd zu mir ins Zimmer gelaufen und sagte: „Mama, Schoß geben.“ Dann hat er mich vom Schreibtisch weggeschoben – dank Rollen am Stuhl ein leichtes Spiel für ihn – und ist flink auf meinen Schoß geklettert. Ab dann hieß es für mich mal wieder arbeiten mit Hindernis – und das sieht oft so aus:

Er hat das gleiche Anliegen auch schon mit „Mama, Schoß haben“ ausgedrückt. Nach wie vor sitzt er sehr gerne auf eben diesem, wenn wir gemeinsam am Esstisch verweilen.

Romy spielte mit den Jungs im Keller. Als ich die Wäsche in der Maschine verstaut und diese angestellt hatte, ging ich zu ihnen ins Spielzimmer und wollte von Romy wissen: „Was sollen wir denn heute zum Mittagessen machen?“ Noch bevor sie um eine mögliche Antwort bemühen konnte, kommentierte Ben ganz plump: „Bauch voll!“, was uns beide zum Lachen gebracht hat.

Beim Umziehen spielte sich folgende Szene ab. Ich hatte Ben die Strumpfhose ausgezogen und wollte mal wieder mit schnellen Handgriffen die Zehenzwischenräume von möglichen, vorhandenen Fusseln befreien. Ben mag das überhaupt gar nicht, weil es ihn glaub einfach extrem kitzelt. Er hat mir seine Füße schnell geschnappt und zu sich gezogen. Als sein Blick auf diese fiel und er tatsächlich einen schwarzen Fussel entdeckte. Sein Kommentar dazu: „Oh, Streusel!“ (Eine gewisse Ähnlichkeit zu den Schokostreuseln, die er allmorgendlich am liebsten zum Frühstück hat, lies sich nicht von der Hand weisen.)

Seine Füße sind tatsächlich schon längerer Zeit öfter Inhalt seiner Mitteilungen. Das erste Mal, als mir das bewusst aufgefallen ist, liegt nun schon etliche Wochen zurück. Wir kamen aus dem Keller und befanden uns mitten auf der Treppe, als er mit seinem Schienbein ein wenig gegen die nächste Stufe gestoßen ist. Er rief laut auf: „Aua! Meine Beine!“ Für mich kam das so überraschend und unerwartet, dass ich echt an mich halten musste, um nicht laut loszulachen. Es war einfach so komisch.

Ab dann kamen die Beine oder Füße immer häufiger zur Sprache. Mal war es ein: „Oh, Fuß eindlemt (= eingeklemmt).“ oder „Füße nass worde“ und öfter ertönte das schon vertraute „Aua, meine Beine.“ Und als wir vor Kurzem bei meinem Vater Schlittenfahren waren, wendete er sich irgendwann mir zu und verkündete: „Oooo, Füße einfroren.“

Das Hände waschen wird mit den Worten „schön wam“ (= warm) kommentiert. Und beim Umziehen kommt immer noch sehr häufig der „dicke Bauch“ gepaart mit lautem Lachen und einem Klatschen auf eben diesen. Dieses Ritual scheint für Ben nicht aus der Mode zu kommen, ebenso sein fast täglich thematisierter Anspruch „Ben au Schule gehen.“.

Dass wir sehr viel gemeinsam mit dem Fahrrad unterwegs sind, lässt sich schon allein daran erkenne, dass Benjamin immer wieder mit Aussprüchen kommt, die ein „hie-lang“ (= hier lang) oder „links“ enthalten. Rechts sagt er eigentlich gar nicht, und ich frage mich, ob er dieses Wort nicht mag oder es zu schwierig ist. Denn er hört es sicherlich ebenso oft, wie all die anderen Richtungsanweisungen.

Ohne ein regelmäßig wiederkehrendes „Oh nein“ beziehungsweise „Oh ja“ vergeht auch kein Tag bei uns. Er wirft diese Worte zu jeder Gelegenheit in den Raum, denn gefühlt passt das ja auch fast immer. Sie variieren dann in der Tonlage und Länge, woran man relativ gut erkennen kann, ob es ein freudiger Anlass ist, ein Ausdruck der Verzweiflung oder die sogar pure Enttäuschung. Und er nutzt diese Wortpaare wirklich gerne als Anfang seines Satzes, wie z.B. „Oh ja, Ben macht das!“ und „Oh ja, Ben schafft das!“ oder „Oh nein, babut (= kaputt) ganga (=gegangen).“ und „Oh nein, fehlt eine!“

Vieles lebt natürlich sehr von der Dynamik des Momentums. Es ist die Kombination von Gesagtem und Gelebtem, sei es eine bestimmte Mimik oder Gestik, der jeweilige Tonfall oder die Abfolge von allen dreien, was diesen Augenblick einzigartig und unglaublich lustig macht. Und Benjamin ist wirklich ein kleiner Schauspieler und in bietet uns in dieser Hinsicht so manches.

Zum Schluss noch eine letzte kleine Geschichte, die sich gestern Abend beim Zu Bett gehen ereignet hat. Benjamin saß neben mir und hatte das Buch schon aufgeschlagen. Ich deute auf den Bären im Buch und sage gedankenverloren: „Hier ist Opa Jan.“ Ben lässt unverzüglich Protest verlauten: „NEIN, nicht Opa Jan. Das is Paulchen…“ Ich lache: „Oh ja, das ist natürlich Paulchen!“, und wir lesen gemeinsam das Buch von Paulchens Weihnachten.

Und jetzt noch ein Link zu einem Monat-Update von Benjamin.

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