Du hast für immer einen Platz in meinem Herzen

Kann es wahr sein, dass es heute schon ganze zwei Jahre her sein soll, als meine Mutter verstorben ist? Der Kalender behauptet es zumindest. Und irgendwie fühlt es sich manchmal auch schon wie eine Ewigkeit her, denn es ist so viel passiert seit diesem Tag – hier bei uns, aber vor allem auch bei meiner Familie zu Hause in Deutschland. Ja, man kann vorab nie abschätzen, was der Tod eines geliebten Menschen alles mit sich bringt…

Wann ist der Trauerprozess abgeschlossen? Ist er denn jemals abgeschlossen, wenn man seine Mutter verliert – oder sonst einen Menschen aus der unmittelbaren Familie? Die Gefühle mögen sich mit der Zeit verändern und man ist gedanklich nicht mehr all zu oft damit konfrontiert. Aber zumindest für mich ist es so, dass ich selbst nach zwei ganzen Jahren immer wieder diesen Schmerz tief in mir drin spüre. Vermutlich ist es ganz normal, dass die Gedanken ab und zu in die Vergangenheit wandern und man sich an schöne Erlebnisse erinnert, an ihr Wesen denk, wie sie war, was sie gemacht hat, was sie geliebt hat… ja, und wo man eben nun, da sie nicht mehr da ist, die Lücke spürt! Und diese Lücke ist da – auch oder vor allem nach zwei Jahren.

Erst kürzlich war ich auf der Suche nach einem ihrer Plätzchenrezepte, die es jedes Jahr bei uns zu Hause gegeben hat. Aber ich hab das Rezept leider nirgends und ich hab auch keine Ahnung, wie ich es bekommen könnte. Wäre ich zu Hause in ihrer Küche dann wüsste ich zumindest, wo in etwa ich danach suchen könnte. Aber ihre Küche gibt es nicht mehr und ich bin dazu noch viel zu weit weg für so einen Ausflug.

Wird die Advents-  und Weihnachtszeit für mich immer auch mit ihren letzten schweren Wochen und ihrem Tod in Verbindung stehen?

Ich denke ja… aber trotz allem Schmerz ist da dieses Wissen, dass es eines Tages ein Wiedersehen geben wird. Und darauf freue ich mich, auch wenn es irgendwie so unvorstellbar ist und mit Sicherheit total anders sein wird, wie wir es uns ausdenken mögen…

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Ich durfte in diesem Jahr schon einiges an Geschichten über meine Mutter sammeln, da etliche Freunde, Bekannte und Verwandte unserem Wunsch nachgekommen sind und sich die Zeit genommen haben, ihr Gedächtnis zu durchstöbern und Dinge für uns aufzuschreiben. Es kamen kleine Anekdoten, Erzählungen über gemeinsame Erlebnisse, Beschreibungen über meine Mutter, wie sie war, was sie besonders konnte und wo und wie sie Menschen geprägt hat – und gerade im Bereich der „Geschichtchen“ war vieles davon neu für mich. Wir sammeln noch weiter in der Hoffnung, dass wir aus diesen vielen bunten Mosiksteinchen recht bald schon ein Büchlein über sie zusammenstellen können – als Erbe für uns; ihre Kinder und Enkelkinder.

In manchen Momenten spüre ich es deutlich, dass ich mein Zuhause verloren habe. Es ist schwierig, dies so richtig zu beschreiben. Ich denke, jeder von uns sehnt sich nach diesem Heimatort, an den man kommen kann, wo man liebevoll willkommen geheißen und umsorgt wird, den Platz, wo man sozusagen nochmals Kind sein darf – wenn auch nur für einen kurzen Moment. Da steht jemand am Flughafen und wartet mit offenen Armen auf einen, hat bereits Brezeln als Willkommensgruß dabei und zu Hause den Kühlschrank mit vielen Leckereien aufgefüllt. Da ist jemand da, dem man anrufen kann, wenn man etwas braucht, und der sein Möglichstes gibt, um genau dies für einen zu organisieren.

Meiner Mutter fiel es nicht leicht, ihre Zuneigung und Liebe durch Umarmung und körperliche Nähe weiter zu geben. Auch sonst war sie oft eher distanziert. Und dennoch hatte sie ihre Wege, wie sie ihre Mutterliebe zum Ausdruck gebracht hat. Sie hat stets mitgedacht und war dann mit praktischer Hilfe zur Hand, sie hat es geliebt für ihre Familie zu kochen – und sie konnte es dazu noch sehr gut! Sie wusste genau, was die einzlenen Familienmitglieder gerne essen…

Durch den Tod meiner Mutter habe ich in den vergangenen zwei Jahren viel über sie, ihr Leben, ihr Wesen, ihre Gaben, ihre Stärken und Schwächen, sowie über mich und mein Leben und über unsere Beziehung nachgedacht. Und immer wieder gab und gibt es Momente, in denen ich es so schön und wertvoll finden würde, wenn wir nochmals die Gelegenheit dazu bekommen würden, zusammen zu sein, über das was mich an Gedanken und Fragen bewegt sprechen zu können und die Chance zu haben, ihr zuzuhören.

Wie gut habe ich meine Mutter wirklich gekannt? Was weiß ich über ihre Kindheit und Jugend, über ihre Träume fürs Leben, ihre Sehnsüchte und Wünsche, Verletzungen, Enttäuschungen, Kämpfe…? Denn all das prägt einen jeden von uns und macht uns zu dem Menschen, der wir sind.

Gerade die unmittelbaren Beziehungen innerhalb der eigenen Familie sind leider oft diejenigen, die schwierig und auf ihre Art und Weise wie blockiert zu sein scheinen. Missverständnisse und Verletzungen tragen dazu bei, dass man sich regelrecht fremd sein kann. Und Unterschiede in Charakter und Persönlichkeit können sich dann wie unüberwindbare Schluchten auftun.  Warum ist selbst innerhalb der Familie oft so viel Neid und Missgunst vorhanden? Meist nicht offensichtlich, aber wenn man genau hinschaut entdeckt man stellenweise mehr davon, als einem lieb ist…

Ich habe im Sommer eine Familiensaga gelesen, die sich über fünf Generation erstreckt. Während des Lesen musste ich immer wieder weinen, weil mich vieles an Erfahrungen aus meinem familiären Umfeld erinnert hat – auch wenn die Geschichte ansich total anders war. Aber die Konflikte und Missverständnisse, die sich über Generationen hinweg „fortgepflanzt“ haben, waren für mich wie eine Art Spiegel für die eigene Familiengeschichte… und ich denke, es trifft auf so viele Familien zu.

Gerade wenn es um Liebe und Annahme geht tun sich gewaltige Risse auf im Leben vieler Menschen. Sie jagen ihr Leben lang dem nach, von Vater/Mutter diese bedingungslose Liebe und Annahme zu erfahren (denn jeder Mensch sehnt sich tief innen drin genau danach).

Bin ich mir dieser Liebe gewiss?

Hatte meine Mutter tief in ihrem Herzen die Gewissheit darüber, dass sie von ihrer Mutter und ihrem Vater um ihrer selbst willen geliebt war? Ein geliebtes Kind…

Erst vor wenigen Wochen bekam das Grab meiner Mutter den Stein gesetzt…

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… aber ihr bleibendes „Denkmal“ trage ich auf immer in meinem Herzen; und die Gewissheit, dass sie mich bedingungslos und von ganzem Herzen geliebt hat!

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