Ein Tag zum Feiern

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Vor 11 Jahren durften wir an einem sonnig, warmen Herbsttag ein wunderschönes und unvergessliches Fest erleben. Wir erinnern uns sehr gerne an diesen ganz besonderen Tag und können es kaum fassen, dass es nun schon so lange her sein soll.

In vielen Ehen bringt der alljährlich wiederkehrende Hochzeitstag gewissen Stress mit sich, weil die Vorstellungen über die Bedeutung und Gestaltung dieses Tages bei den Partnern nicht immer deckungsgleich sind. Ich bin dankbar, dass dies bei uns  meist nicht so ist. Aber die Umstände gestalten sich des öfteren nicht so wohlwollend. Im vergangenen Jahr bin ich genau an unserem Hochzeitstag nach Deutschland aufgebrochen. Und somit hatten wir keine Gelegenheit dazu, unser zehnjähriges Jubiläum richtig feierlich anzugehen. Für dieses Jahr hatte mein Mann ein Wochenende im Hotel geplant. Aber es kam wieder anders! Aufgrund der Unruhen in den letzten Tagen haben wir uns gemeinsam dazu entschlossen, lieber zu Hause bei den Kindern zu bleiben und nicht alleine an die Ostküste zu fahren.

Die Unruhen haben auch die Fertigstellung meines kleinen Geschenkes behindert, weil ich nicht wie  geplant in die Stadt fahren und Bilder entwickeln lassen konnte. Aber auch da haben wir die Freiheit, es einfach später nachzureichen 🙂

Es ist wirklich keine Selbstverständlichkeit, eine glückliche Ehe zu führen. Natürlich ist auch bei uns nicht immer alles goldig, einfach und schön. Partnerschaft ist Arbeit – zumindest bekommt man das oft gesagt und ich stimme da auch zu. Man muss sich vor allem immer wieder ganz bewusst für die Person entscheiden, die man einst geheiratet hat. Liebe ist mehr als dieses flatternd, aufregende Gefühl der Verliebtheit. Liebe ist vor allem eine Entscheidung.

Außerdem spielt die Bereitschaft, die eigene Unvollkommenheit und Unzulänglichkeit anzunehmen und sich damit auseinander zu setzen, meiner Ansicht nach ebenfalls eine wesentliche Rolle. Und genau dies ist nicht immer leicht, weil man nur ungern in den Spiegel schaut, wenn die Dinge, die man darin sieht, schmerzhaft oder sogar schockierend sind. Dagegen ist es so viel einfacher, die Macken und Fehler des anderen zu sehen, sich darüber aufzuregen und daran aufzureiben, verändern zu wollen, statt an sich selbst zu arbeiten.

Aber es sind nicht immer nur Konflikte, die eine Beziehung auf den Prüfstand stellen. Gerade der Alltag mit seinen vielen Herausforderungen und Aufgaben birgt ebenfalls eine gewisse Gefahr für die Ehe. Stress durch zu viel Arbeit, kleine Kinder, die einen ununterbrochen beanspruchen, wenig bis gar keine Zeit für sich selbst und den Partner… und plötzlich funktioniert man nur noch und jeder lebt sein Leben. Die eheliche Kommuniktion beschränkt sich auf den Austausch von Terminen und wichtigen Fakten des Geschehens im Haushalt, aber für tiefere Gespräche fehlt die Zeit, mehr noch, die Kraft. Ich erinnere mich sehr gut an solche Phasen, die es auch bei uns gab und immer wieder gibt. Wenn wir dann endlich mal ein wenig Zeit zum Reden hatten, dann war mein Kopf oft wie leergefegt und meine Gedanken mindestens genau so ermüdet wie mein Körper…

Während unseres diesjährigen Deutschlandaufenthaltes traf uns der Beziehungs-Schock gleich doppelt und dazu noch völlig unerwartet. Da wir durch unser Leben im Ausland nur beschränkt dazu in der Lage sind, unsere Beziehungen in der Heimat zu pflegen, bekommt man viele Dinge nicht mehr mit. Ja, wir merken immer wieder, das wir trotz der weltweiten Vernetzung letztlich doch sehr weit weg sind, und das das Leben nicht nur bei uns, sondern auch in Deutschland weiter läuft.

So kann es passieren, dass man sich mit Freunden treffen möchte und dann die Rückmeldung bekommt: Uns geht es leider nicht so gut, wir sind seit einem Jahr geschieden! Bumm – Schlag in die Magengrube… haben wir das wirklich richtig gelesen???

Innerhalb einer Woche haben wir von zwei Familien, die wir seit über 10 Jahre kennen (Ha-Di die eine, ich die andere), Nachricht in diese Richtung bekommen. Wobei das eine Ehepaar bisher „nur“ in Trennung lebt. Es war für uns wie der Fall aus den Wolken, denn wir hätten bei beiden Paaren absolut nicht mit sowas gerechnet!

Sollte man mit sowas rechnen müssen?

Vielleicht sollten wir uns gegenseitig in unseren Freundschaften grundsätzlich viel mehr unterstützen? Vielleicht sollten wir öfter mal den Mut aufbringen, auch unbequeme Fragen zu stellen, uns gegenseitig herauszufordern, anzuspornen und bei Bedarf an die Hand zu nehmen? Denn schließlich müssen wir mit  unseren Herausforderungen und Problemen nicht ganz alleine fertig werden. Müssen wir das? Und manche Probleme würden eventuell gar nicht so groß und unüberwindbar werden, wenn jemand aus unserem Freundeskreis rechtzeitig die rote Flagge schwingt und uns auf die Gefahr aufmerksam macht, die wir selbst als solche vielleicht noch gar nicht wahr genommen haben…

Vor kurzem habe ich einen Artikel in Family gelesen, der mich gerade in Hinblick auf die Erlebnisse im Sommer erneut zum Nachdenken gebracht hat. Ein paar Abschnitte aus dem Artikel will ich hier kurz weiter geben:

„Sehnsucht ist Suche. Selbst wenn im Leben alles glattläuft, bleibt eine Unruhe in unserem Herzen. Wir spüren, dass wir nie ganz identisch sind – dass die Art, wie wir leben, nie vollständig unserem Wesen entspricht. Wir spüren, dass unsere tiefsten Bedürfnisse nie ganz gestillt werden. […]

Gerade einem gut eingespielten Eheleben fehlen manchmal die Höhepunkte, das Prickeln, die Momente tiefer Berührung. In solchen Lebensphasen sucht die Sehnsucht das Neue. Sie sucht etwas Farbiges, das dem grauen Alltag wieder Itensität schenkt… 

Unterdrückte Bedürfnisse zu befreien kostet Mühe und Geduld. Schnell ist man in der Gefahr, den Ehepartner dafür verantwortlich zu machen, dass ein emotionales Bedürfnis gestillt wird. Aber solange man eine Sehnsucht noch nicht gut ausdrücken kann, braucht es erst einmal eigenes Wachstum. Offene Gespräche mit dem Ehepartner, aber auch mit anderen vertrauten Menschen können helfen, einem wichtigen Bedürfnis mehr Raum zu geben.

Gesucht werden Ausbrüche aus dem routinierten Alltag, eine Antwort auf emotionale Bedürfnisse, Raum für jeden, im tiefsten Sinne er bzw. sie selbst zu sein und eine Lebendigkeit als Frau oder Mann. Damit geht es um die Elemente, die wohl jede glückliche Liebesbeziehung braucht. Wo diese Elemente fehlen, blickt die Sehnsucht irgendwann über die Ehe hinaus. Dabei kommt es nicht darauf an, dass Sehnsüchte vollkommen gestillt werden. Oft ist das nicht möglich und wir Menschen müssen mit einem Rest an ungestillter Sehnsucht leben. Wichtiger ist, dass sich Sehnsüchte ausdrücken dürfen, in eine Suchbewegung übergehen und schließlich, soweit es geht, gestillt werden.“*

*Jörg Berger: Heimliche Wünsche (family Zeitschrift 5/12)

 

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