„Ich habe ein RECHT…“

… auf Strom zu jeder Zeit, genügend Schlaf ohne Kinder-Unterbrechungen, abwechslungsreiches Essen, gefüllte Kühlregale im Supermarkt, Zeit für mich alleine, angenehme und erträgliche Temperaturen…
Diese Liste könnte ich ohne Probleme um ein Vielfaches erweitern – das hier sind nur die aktuellen Favoriten in meinem Leben.

Strom gibt es bei uns schon seit dem 10.12. nicht mehr. Ok, das stimmt nicht ganz, denn wir haben ja Strom dank Generator und  Solar – aber das eine ist laut und teuer und das andere nicht ausreichend. Somit gibt es bei uns nur stundenweise Strom; bevorzugt am Abend und in der Nacht.
In den vergangenen Wochen waren unsere Nächte teils so schlecht, dass wir  uns zwischendurch angeschaut und gefragt haben: warum gehen wir überhaupt noch ins Bett, wenn wir eh nicht zum Schlafen kommen? Die Hitze erschwert das Schlafen – nicht nur für uns, sondern auch für die Kinder. Außerdem waren einige der Kinder krank – Annelie und Joel hatten tagelang hohes Fieber, Schnupfen, Husten und Durchfall. Inzwischen hat sich der Krankenstand auf Husten und Schnupfen reduziert.
Viele Lebensmittel bekommen wir bei uns generell nicht, aber zurzeit ist es aufgrund des Stromausfalls doch deutlich leerer geworden, besonders im Bereich Kühl-Gefriertruhe. Viele Supermärkte haben keine Kühlprodukte mehr – also verzichten wir momentan häufig  auf Butter, Eis, kleine Würstchen und Joghurt. Fleisch oder Fisch gibt es wenn nur direkt vom Markt, denn unsere Gefriertruhe ist seit  Mitte Dezember aus.
Ja, wir sind verwöhnt und dementsprechend anspruchsvoll! Echt erschütternd zu sehen, wie abhängig ich von Strom geworden bin. Aber auch, wie groß die Auswirkungen eines anhaltenden Stromausfalles tatsächlich sein können. In vielen Ländern hätte sowas vermutlich schon zu einem Volksaufstand geführt – hier nimmt man es, wie´s kommt; die meisten zumindest. Ich hingegen empfinde es in manchen Momenten sehr ungerecht und mag es gar nicht, alles tatenlos ertragen zu müssen. Besonders dann, wenn ich nicht weiß, wie ich die Hitze und das Dauerschwitzen ohne Ventilator ertragen soll, oder wenn die Waschmaschine plötzlich mal wieder nicht das tut, was sie sollte und ich deshalb ständig laufen und nach ihr schauen muss und sie am Ende erst nicht richtig gewaschen hat. Da kommen solche Rechtsanspruchsgedanken schnell und leicht in einem hoch – nur führen sie am Ende zu nichts, außer zu Frust, und das ist im Augenblick das Letzte, was ich gebrauchen kann. Obwohl  ich es weiß, kommen diese Gedanken viel zu oft in mir auf und es ist wirklich schwer, in allem dennoch eine dankbare Haltung zu bewahren. Dabei gibt es bei uns weiterhin so viele Dinge, wofür wir dankbar sein können und es auch sind. Es ist meine tägliche – ja, derzeit oft genug stündliche – Entscheidung, auf was ich schaue und welche Gedanken und Gefühle ich zulasse bzw. abblocke. Ich muss lernen, richtig zu denken! Denn solange ich die Grundhaltung bewahre, dass ich auf etwas Bestimmtes ein Recht habe – was auch immer das sein mag -, dann fühle ich mich um dieses Recht gebracht, wenn ich es nicht bekomme.

Bei diesem ganzen Prozess ist eine einfache Gegenfrage für mich sehr hilfreich geworden: Wer gibt mir das Recht auf…? Wenn ich darauf eine Antwort gefunden habe, dann weiß ich auch, wo und bei wem ich auf mein Recht pochen kann. Allerdings wird meist erschreckend schnell klar, dass ich dieses vermeintlichen „Rechte“ von niemandem zugesagt bekommen habe. Ich darf mich sehr glücklich schätzen, weil ich viele VORrechte genießen darf. Aber ein Vorrecht ist keine Selbstverständlichkeit. Und wenn ich folglich aufgrund ungünstiger Umstände auf das ein oder andere verzichten muss, dann hat dies nichts mit einer Rechtsverletzung zu tun, sondern mit der Realität des Lebens.

Nochmals zurück zum Strom. Ha-Di und ich haben in den vergangenen Wochen eltiches übers „Strom sparen“ im positiven Sinne gelernt. Wenn wir das alles konsequent beibehalten, wenn der Strom wieder da sein sollte, dann werden wir vermutlich wirklich einiges an Energie sparen in Zukunft. Jeden Abend macht Ha-Di seine Runde und nimmt alles vom Netz, was wir nicht benötigen: alle Pumpen, alle technischen Geräte, leider auch der Kühlschrank (da die Batterien sonst nicht die ganze Nacht durchhalten), der Internetrouter und alle Lichter. Wir nutzen wirklich nur die Standventilatoren in den Schlafzimmern. Und wir mussten feststellen, dass unsere Deckenventilatoren deutlich mehr Strom verbrauchen, wie wir anfangs dachten – sogar teils mehr, als unser Kühlschrank benötigt! Das ist echt unglaublich.

Gestern hat Ha-Di erfahren, dass der Strom vom Festland bereits in Fumba angekommen ist. Somit scheinen die Wartungsarbeiten am Seekabel abgeschlossen. Jetzt müssen wir nur noch brav abwarten, wie es in den Umspannwerken aussieht und ob da alles normal arbeitet… und dann, ja dann könnte es vielleicht wirklich bald wahr werden, dass es wieder Strom gibt auf Sansibar.

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