Leere

Für mich ist es immer noch extrem ungewohnt, wenn little Ben nicht da ist. Heute ist er das dritte Mal in der Spielstube. Nicht insgesamt gerechnet, aber seit dem letzten Lockdown, der uns ja bis dato immer noch in leicht abgeschwächter Form begleitet.

Allein bin ich natürlich noch lange nicht, denn die Mehrzahl der häuslichen Bewohner weilt weiterhin daheim.

Aber es ist tatsächlich ruhig um mich herum. Viel bedeutsamer ist die Tatsache, dass kein Kleinkind an meinem Bein hängt oder auf meinem Schoß herumturnt und mit mir „arbeiten“ will. Genau so sieht der normale Alltag nämlich für mich im Augenblick an den meisten Tagen aus.

Ben ist extrem anhänglich und sehr fordernd. Er würde am liebsten den ganzen Tag mit mir unterwegs sein, oder in 1 zu 1 Betreuung spielen, oder mit mir kochen bzw. backen.

Nun sitze ich vor meinem PC und weiß ehrlich gesagt gar nicht so recht, was ich tun soll. Das liegt nicht daran, dass es keine Arbeit gibt. Oh nein, davon gibt es immer mehr als mir lieb ist! Im Haushalt ist man schließlich nie fertig, ein Stapel angefangener Bücher lächelt mich konstant von der Seite her an, hier auf dem Blog wartet so viel „Erlebtes“ auf mich und Emails abarbeiten kann man irgendwie auch ständig.

Dann wäre da noch der nahende Geburtstag vom Grundschulkind, worüber ich mir eigentlich noch ein paar kreative Gedanken machen wollte. Denn zum ersten Mal in seinem Leben fiebert Josia wirklich richtig bewusst auf diesen Tag hin! Schon seit Wochen erzählt er immer und immer wieder, dass er bald Geburtstag hat und dann 8 wird. Er weiß genau, wie viele Finger das sind und hält sie mit einem breiten Grinsen hoch, wenn es um dieses Thema geht. Wir haben seinen Tag am Familienkalender im Flur sichtbar markiert, damit er immer schauen kann, wie lange es noch dauert.

Eigentlich liebe ich es ja, mir für einen Geburtstag etwas Schönes auszudenken. Aber ich spüre im Augenblick einfach nur Leere in mir. Immer mal wieder ploppt kurz ein Gedanke auf. Aber ich schaffe es einfach nicht, ihn einzufangen und weiterzuspinnen, so wie ich das sonst immer gemacht habe. Da hängt´s irgendwie…

Mein Kopf ist leer, weil das Leben viel zu voll ist. Und zugleich ist mein Kopf aber auch komplett überfüllt, weil für mich chronischer Zeitmangel herrscht und Ruhe zum Fremdwort geworden ist. Und so schaffe ich es einfach nicht, all den Gedanken, Stimmen, dem Erlebten, den Wünschen und was da sonst noch so alles vor sich hin und um sich herumkreist, zuzuhören. Es kommt nicht raus, es fehlt der Raum zum Aussprechen, und noch viel wichtiger für mich, zum Aufschreiben. Schreiben war und ist für mich ein so zentrales Ventil, wenn es um die Selbsthygiene geht. Oder wie auch immer man das benennen mag.

Das führt dazu, dass ich selbst hier nicht so recht weiß, was ich überhaupt schreiben soll. Dabei liebe ich es, zu schreiben. Aber vielleicht bin ich im Augenblick auch irgendwie leer geschrieben. Oder verstopft?

Ich bin in Hinblick auf meinen Blog ja schon seit längerer Zeit am Überlegen, wie es weitergehen soll. So, wie es in den Anfangsjahren war, ist es eben nicht mehr. Und das liegt an vielen Dingen, nicht nur an meinem extremen Zeitmangel und der daraus hervorgehenden Aufschieberrittis. Unser Leben hat sich über die Jahre hinweg verändert und das Hauptanliegen, auf diesem Weg Einblicke in unser Auslandsleben zu ermöglichen, ist schon längst nicht mehr gegeben.

Da steht die Frage im Raum, wie spannend ist unser Alltag unter den geänderten Bedingungen überhaupt noch? Oder anders formuliert, wie relevant ist es, darüber zu schreiben?

Erlebnisse gibt es hier auch ohne Sansibar zu Genüge, denn unser Alltag ist voll von Leben. Er ist vielseitig, bunt, lustig, herausfordernd und manchmal auch ein wenig zermürben. Und mit Josia im Boot wird es hier vermutlich auch auf lange Sicht nicht langweilig werden. Allein von ihm gibt es tatsächlich jede Woche neue Geschichten, bei denen sich das Aufschreiben absolut lohnen würde. Aber ich komme auch an diesem Punkt nicht hinterher.

Und dann gibt es da diese Blogs, die ich selbst gern lese. Es sind nicht all zu viele, denen ich treu bin. Schließlich ist meine Zeit begrenzt und außerdem lese ich zwischendurch auch gerne ein gutes Buch oder schmökere in einer meiner Zeitschriften. Dennoch kehre ich regelmäßig zu dieser kleinen Blogauswahl zurück. Sie sind ziemlich unterschiedlich. Bei manchen ist es das Anteil haben am Alltag, bei anderen das wunderbare Wechselspiel gewählter Worte und vertrauter Gedanken, oder es sind die Themen, die mich interessieren und denen ich dann für einen kleinen Moment meine Zeit schenke.

Immer und immer wieder taucht die Frage in mir auf, wo mein Platz in dieser ach so uferlosen Bloggerwelt ist. Worüber soll ich eigentlich noch schreiben. wo das www doch so über und über voll von Worten und Bildern ist?

Wie wichtig ist es da denn noch, von unserer Reise nach Sansibar zu erzählen oder von unserem Sommerferienprogramm oder vom Geburtstag eines Familienmitglieds? All das tummelt sich nämlich unter meinen Entwürfen, in unterschiedlich fortgeschrittenen Stadien. Es ist auf jeden Fall schön und gut für meine Familie und mich selbst, um sich an diese Erlebnisse zu erinnern. Aber darüber hinaus?

Worüber soll ich schreiben? Über das einfache Leben, das sich für mich die meiste Zeit gar nicht so einfach anfühlt? Oder vielleicht doch lieber über Themen, die mich gerade bewegen? Oder von diesen manchmal etwas wirr anmutenden Ausflügen in meine Gedankenwelt?

Ich weiß es nicht!

Momente der Ruhe sind so selten für mich, vielleicht sollte ich sie einfach fern ab jeglicher Technik aufsaugen? So ganz unproduktiv. Aber das ist mir noch nie leichtgefallen.

9 Kommentare

  1. Ich verstehe dich zu gut. Gerade habe ich mir dazu auch Gedanken gemacht und finde nicht so recht die Antwort.
    Mein Kopf ist auch so voll und es kommt zu wenig Ruhe rein. Ohne die Kleinen bin ich zudem ja sowieso nicht und hier nimmt der Lockdown gerade wieder Fahrt auf. Ausgangssperren kommen dazu und das alles zu den Osterferien. Schwieriger Alltag.
    Ich lese dich sehr gerne und würde mir wünschen, zwischendurch einmal von dir zu lesen.
    Liebe Grüße
    Andrea – die Großfamilienmama

    1. Author

      Liebe Andrea
      Danke für Dein Feedback 🙂
      Viel Kraft Dir weiterhin!
      Und trotz allem Schweren wunderschöne Ostertage mit der Familie

  2. Bitte schreib weiterhin! Eurr Leben ist durch Josia ja weiterhin sehr besonders u macht Mut!!!
    Interessant wäre auch mehr über euer Leben als Christen zu erfahren!
    Glg aus Österreich!
    Vera

  3. Euer Leben ist auch durch eure 6 Kinder besonders!!! Macht Mut, bei mir viell für ein 3.Kind? 😉 Ich habe als Mama von sehr anhänglicher 5 jähriger Maus die noch nicht in Kiga geht u ganz aufgeweckter 1 jähriger Maus echt immer Zeitnot u bin kaum am Handy/ PC, aber wenn lese ich seit 5 Jahren bei euch mit. (Als einzige Seite!) Bin durch das Familymagazin auf euch gestoßen. Wäre toll wenn du weiterhin schreibst ab u zu….Lg nochmals! Vera

    1. Author

      Liebe Vera
      Herzlichen Dank für die liebe Rückmeldung und Dein Input!
      Ganz liebe Grüße aus Süddeutschland
      Doro

  4. liebe Doro,
    auch wenn ich nicht täglich auf deinem Blog bin – du bist täglich in meinen Gedanken und sowieso in meinem Herzen. Bitte schreibe weiter – erstmal weil es dir selbst hilft zu sortieren und weil es so schön und hilfreich ist für viele, deine Gedanken zu lesen, sich selbst darin zu erkennen und aus deinem Gelernten auch Hilfe zu bekommen. Ich bin als deine Schwiegermama wahrscheinlich nicht ganz objektiv ( :-)) aber – ich finde deinen Blog (und auch deinen Gastbeitrag auf einem anderen Blog) total wertvoll! Und ich stehe da nicht allein, auch aus meinem Freundeskreis wirst du mit Gewinn und Freude gelesen! In herzlicher Zuneigung Deine Mama (und ich wollte das diesmal öffentlich schreiben und nicht nur von mir zu dir)

    1. Author

      Ganz herzlichen Dank für die liebe Rückmeldung!

  5. Ich bin vor einigen Jahren durch deinen ersten Gastbeitrag bei Sonea Sonnenschein auf deinen Blog gestoßen u. freue mich seither, wenn du neue Inhalte veröffentlichst (-:
    Zunächst war es tatsächlich das Thema Auswandern bzw. Auswandern mit Kindern, das mich interessiert hat; bald schon war es einfach deine sympathische Art, über Erlebnisse u. Gedanken zu schreiben, garniert mit lebendigen Schnappschüssen, weswegen ich deinen Blog so gerne lese – natürlich auch noch nach eurer Rückkehr nach Dtschl.
    Auch für mein eigenes Familienleben gibt mir dein Blog immer wieder Inspiration! Natürlich kann ich es nachvollziehen, wenn du das Bloggen einstellen möchtest, aber ich persönlich würde mich sehr freuen, wenn du weiter machst (-:

    1. Author

      Liebe Viola
      Herzlichen Dank für Deine liebe Rückmeldung.
      Interessant, dass Du über Sonea zu uns gestoßen bist. Gastbeiträge sind wirklich eine tolle Sache. Ich habe über diesen Weg nämlich auch schon den ein oder anderen tollen Blog entdecken dürfen.
      Ja, Ausland kommt hier nur noch randläufig vor, da dieses Kapitel derzeit eigentlich nur noch von meinem Mann befüllt wird. So ist das eben in unserer aktuellen Lebensphase. Man weiß ja nie, was die Zukunft noch bringen mag 🙂
      Noch werde ich weiter bloggen, denn es ist echt ein Hobby, das ich sehr liebe. Für mich ist die große Frage eher, was sollen die Inhalten sein und was lasse ich nun einfach weg, weil ich eben zeitlich doch weniger dazu komme, wie ich es gerne würde.
      Liebe Grüße

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