Auf Abwehr

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Da sitze ich seit eineinhalb Stunden und starre auf den Monitor… mal sehn, wie lange ich das noch aushalten werde. Es ist ja nicht so, dass ich mich auf mein „Bett“ freue. Aber selbst wenn diese Pritsche nicht mein Traum ist und sich auch nicht mit meinen Bedürfnissen deckt, so birgt sie doch die Hoffnung auf ein klein wenig Erholung in sich. Und das habe ich durchaus nötig!

Josia schläft seit kurz nach 21.30 Uhr. Er ist nach langem Hin und Her und mehrfachem Auf und Ab in meinem Arm eingeschlafen. Die Stunden davor waren gefühlt ein epischer Videoabend. Ich bin seit kurz nach 16 Uhr hier im Krankenhaus; Schichtwechsel mit meinem lieben Mann. Josia zeigte keine zu große Begeisterung, als Annelie und ich aufgetaucht sind. Irgendwie war er insgesamt gesehen nicht gut gelaunt. Als sein Papa sich dann aufgemacht hat, war es bei ihm völlig aus. Ja, er hat sichtlich die Nase voll von Krankenhaus! Und wir sind uns diesbezüglich alle einig. Aber das ändert leider nichts an der Tatsache, dass wir noch hier sein müssen.

Nachdem er gestern einen wirklich guten Tag hatte – zumindest vom medizinischen Aspekt betrachtet -, keimte in uns die leise Hoffnung, dass er es auch in der Nacht ohne Sauerstoff schaffen könnte. Den ganzen Tag schon war er ohne und wir sind am Nachmittag auch des Öfteren auf dem Flur unterwegs gewesen, um uns irgendwie die Zeit zu vertreiben. So ein Tag im Krankenhaus zieht sich wie Gummi!

Wir haben die Spiele im Besucherzimmer ausgetestet, denn das Spielzimmer für die Patienten war leider schon verschlossen. Irgendwann kam dann sogar unser Besuch. Es gab ein freudiges Hallo und viele Umarmungen direkt auf dem Flur. Und dann ist Josia voller Elan ins Zimmer zurück gestapft. Sein Papa war wieder da und mit ihm ging für ihn regelrecht die Sonne auf 🙂

Es hat ihn auch nicht sonderlich berührt, als ich kurze Zeit später mit den Mädels wieder abgezogen bin. Aber kaum waren wir weg, gingen seine Werte langsam runter und der Sauerstoff musste wieder angedreht werden. Das ging die ganze Nacht so und zwischendurch hat er sogar wieder 1,5l gebraucht.

Und das blieb auch so. Also wieder nichts mit Entlassung!

Die Tatsache, dass sein Papa auch an diesem Spätnachmittag erneut ohne ihn aufbrach und er mit Mama allein zurück bleiben musste, hat viel Wut in Josia ausgelöst. Er hat getobt, geweint und wollte sich von nichts und niemandem beruhigen lassen. Selbst anschauen fand er nun doof. Ich weiß gar nicht, wie lange ich ihn so auf meinem Arm herum balanciert und an welchen Stellen ich bereits blaue Flecken bzw. Kratzer von ihm bekommen habe.

Dann hab ich mein Glück mit alten Kurzvideos von ihm und seinen Geschwistern versucht… und es hat geklappt. Von da an saßen wir also auf meiner Pritsche und haben ein Video nach dem nächsten geschaut. Immer wieder musste er lachen und viele Filmchen wollte er direkt mehrmals nacheinander schauen. Der Schmerz war vergessen und er konnte sich sogar aufs Essen einlassen.

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Zwischendurch musste er nur das Abhören und die Antibiotika-Gabe über sich ergehen lassen. Seine Sauerstoffwerte haben sich stabilisiert und die Zufuhr wurde Stück für Stück zurück gedreht, bis wir nur noch bei 0,5l waren. Kurz darauf hat er sich die Sauerstoffbrille AUF die Nase gezogen und da blieb sie dann auch. Er wollte einfach nicht mehr angeblasen werden.

Es hat ziemlich lange gedauert, bis er an diesem Abend in den Schlaf gefunden hat. Aber immerhin hat er sich fast nicht gegen liegen und kuscheln gewehrt – nur gegen dieses Nasenfahrrad.

Seit kurz nach halb zehn schläft er nun wie gesagt und das ohne Sauerstoff. Der blubbert zwar ganz brav vor sich hin, allerdings nicht IN sondern AUF die Nase! Die Werte sind regelmäßig an und unter der Grenze, aber alle Richt-Versuche unterbindet er unverzüglich. Vorhin hat er wirklich tief geschlafen. Aber sobald das Ding wieder in die Nase bläst, greift er danach und schiebt es hoch.

Dabei würde ich nun sehr gerne versuchen, wenigstens ein bisschen Schlaf zu bekommen. Müde genug bin ich durchaus! Und so langsam fällt mir auch der Blick auf diesen Bildschirm schwer…

Ein Kommentar

  1. Ich denke fest an euch und bete, das ihr bald ohne Sauerstoff auskommt und heim dürft. Ich kenne diesen Blick auf diesen Monitor nur zu gut. Wie lange habe ich bei Jonathan immer wieder drauf geschaut und als wir dann zuhause waren, fühlte ich mich ein paar Tage seltsam nackt ohne dieses Ding.

    Letztens hing mein Mann an einem Monitor und sofort war er wieder da, dieser Blick auf die Zahlen und die Unruhe, die einen dabei erfasst.

    Alles Liebe Euch
    Andrea

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