Blitzlicht Josia: Der Einkauf

Es ist Tag zwei nach den Weihnachtsferien und mein jüngstes Schulkind beglückt mich bereits wieder mit seiner Dauer-Gesellschaft. Da der Wocheneinkauf nicht aufzuschieben ist – wir haben heute früh den letzten Liter Milch aufgemacht – und Josias Verfassung kurz nach dem Frühstück nicht gerade nach krank aussah, schnappe ich die zwei Kleinen und mache mich auf den Weg in die Stadt.

Für einen solchen Trip muss man entsprechend ausgerüstet sein, sonst kann mit Erfolg nicht gerechnet werden. Für Laden Nr.1 .- wo ich den Hauptteil meiner Liste abarbeiten möchte – helfe ich Josia in den Sitz am Einkaufswagen und packe mir anschließend den Zwerg auf den Rücken. Dort ist er sicher verstaut und kann auch (fast) keinen Schaden anrichten.

Da wir alle drei gut gefrühstückt haben, muss ich nicht direkt nach Betreten des Ladens eine Brezel für die zwei holen gehen. Die Liste ist zum Glück auch nicht zu lang heute, und so kommen wir ohne nennenswerte Zwischenfälle voran. Es ist aber auch erstaunlich wenig los heute. Josia hilft fleißig mit, die Einkäufe aufs Band zu legen und nur wenig später sitzen wir wieder im Auto und fahren zu Laden Nr. 2.

Es sind nur noch wenige Dinge, die wir benötigen und so entschließe ich mich dazu, dass Josia laufen und Ben in den Wagen sitzen darf. Aber schon nach wenigen Minuten ist mir Josia gefühlt mindestens einen Schritt voraus und obendrein verfolgt er sichtlich seine eigenen Interessen. Ziel Nr. 1: Tomaten kaufen. Da daheim im Kühlschrank noch ausreichend Tomaten in unterschiedlichsten Größen auf den Verzehr warten, versuche ich ihn davon zu überzeugen, dass er seine Tomate doch bitte wieder ins Regal zurück legt. Josia lässt sich nur widerwillig darauf ein und holt sich im Zuge dessen schnell noch eine der kleinen Plastiktüten, die in der Nähe der Tomaten platziert sind, während ich schnell ein paar Karotten schnappe, abwiege und im Wagen verstaue. Benjamins Essens-Radar schlägt an und er versucht unverzüglich, von seinem Platz aus zu den Karotten zu gelangen. Dabei gibt er unüberhörbare Äh Äh Äh-Geräusche von sich und zeigt auf das Objekt der Begierde.

Mit der einen Hand schnappe ich Josia und hole ihn zu mir an den Wagen. Mit der anderen Hand halte ich Ben fest, damit er keinen Köpfer macht und nebenbei versuche ich meinen Weg durch die Regalreihen zu finden. Zum Glück müssen wir nur noch zum Bereich mit der Baby-Nahrung, weil ich noch ein bisschen Obstgläschen und Flaschennahrung für Ben kaufen muss.

Josia hat inzwischen den Stand mit dem Nagellack erspäht und sogleich einen davon geschnappt. Er hält mir das Fläschchen freudenstrahlend entgegen und parallel dazu streckt er mir seine andere Hand und erzählt wild drauf los. Da ich immer noch mit fester Hand meinen Jüngsten vor einem möglichen Absturz bewahren muss, bleibt mir für Josia nur überzeugendes Zureden, dass er den Nagellack doch bitte wieder an seinen Platz räumen soll. Schließlich haben wir Zuhause wirklich schon genug davon!

Die Einsicht kommt schneller als bei der Tomate und ich schnappe mir unverzüglich die paar Dinge, die ich aus dem Regel gegenüber brauche, damit wir endlich zur Kasse können. Das wir noch ein wenig warten müssen will Josia nicht so recht einsehen und er drückt ungeduldig den Wagen vor uns während ich unsere Einkäufe aufs Band lege.

Als wir dann an der Reihe sind, steigt Josia schnurstracks auf den Sammelbereich nach der Kasse, um die Lebensmittel in Empfang zu nehmen. Auch Ben will schon wieder aussteigen und verliert nebenbei erst mal einen seiner Schuhe. Zwischen Schuh aufheben und Kind am Aussteigen hindern räume ich noch irgendwie die sieben Sachen in die mitgebrachte Box, während die Verkäuferin nur mitfühlend meint: „Oh, da haben Sie aber auch alle Hände voll zu tun mit den beiden!“

Die Einkäufe sind in der Box und während ich Benjamin noch den Schuh anziehe, stromert Josia schon in Richtung Rolltreppe. Wir hetzen hinterher, aber es sind zwei Leute zwischen uns bei der Abfahrt zum Ausgang. Josia macht am Ende der Rolltreppe einen U-Turn und hüpft freudig auf die Rolltreppe nebenan, die wieder nach oben fährt.

Da ich mit dem Einkaufswagen nur schwerlich vorankomme, fasse ich den Entschluss, diesen erst Mal ordnungsgemäß los zu werden. Ein Blick nach oben zeigt, dass Josia tatsächlich am Ende der Auffahrt angekommen ist und dort mit breitem Grinsen auf und ab hüpft. Ich rufe ihm vom unteren Ende der Rolltreppe aus zu, dass er doch bitte wieder zu mir runterkommen soll. Eine Passantin versucht auch ihr Glück und redet wohlwollend auf Josia ein, bis er auf die Rolltreppe für die Abfahrt geht.

Ich räume schnell den Wagen auf und kontrolliere dann, wo sich Josia inzwischen befindet. Da sehe ich nur noch, wie er aus meinem Blickfeld rennt. Da hat der Schlingel doch tatsächlich auf der Rolltreppe kehrt gemacht und ist wieder zurück nach oben gelaufen!

Mein Einkauf steht noch vor der Ausgangstür, Benjamin zappelt auf meinem Arm und so fasse ich den Entschluss, dass ich Kind und Kiste möglichst schnell im Auto sicherstelle, damit ich beide Hände frei habe, um den Ausreißer einzufangen. Immerhin ist das Auto fast direkt am Ausgang geparkt und das Vorhaben schnell in die Tat umgesetzt. Bleibt nur die Hoffnung, dass Benjamin in der Zwischenzeit nicht die Vollkrise bekommt, weil ich ihn alleine zurücklasse. Darin ist er nämlich leider ziemlich gut!

Ich laufe mit schnellem Schritt die Rolltreppe hoch und überlege, wo ich mein Kind denn nun am besten suchen soll. Da er ja auch Aufzug fahren über alles liebt, wäre ein Abstecher in diese Richtung durchaus denkbar; im gesamten Foyer sehe ich nämlich keinen Halbstarken in grüner Jacke…

„Meine“ Kassiererin entdeckt mich und ruft mir zu, dass mein Sohn wieder in den Laden gelaufen ist. Ich bin dankbar für diesen Richtungshinweis und schon kurz nach passieren der Schranke entdecke ich meinen selbständigen Jungen. Er steht mit seiner Tüte und zwei darin verpackten Tomaten an der Waage, neben ihm eine Kundin, die sichtlich bemüht ist, diesem Kind einen Elternteil zuzuordnen.

Ich löse das Rätsel, schnappe mir meinen Sohn, bringe die Tomaten zurück an deren Platz und verlasse gemeinsam mit Josia den Laden, etwas in Eile, denn wer weiß, wie sich Ben so verlassen im Autositz benimmt.

Am Auto ist alles ruhig und mir fällt der zweite Stein innerhalb weniger Minuten vom Herzen. Jetzt erst mal tief durchatmen und mit den zwei Jungs nach Hause fahren!

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