Krankenhaus; Klappe, die Zweite…

Gleichmäßig blubbert die Sauerstoffversorgung vor sich hin. Immer wieder wird das eintönige Geräusch vom Piepsen des Monitors unterbrochen. Mein Blick schweift über unser schlafendes Kleinkind in seinem Gitterbettchen auf die hohe Mauer wenige Meter vor unserem Fenster; also die Aussicht ist nicht gerade schön und abwechslungsreich hier. Bis vor wenigen Minuten hat Josia noch die Bude abgebaut und war sichtlich gelangweilt. Angekettet wie ein kleiner Hund ist sein Aktionsradius im Augenblick äußerst eingeschränkt. Anfangs hat diese Tatsache kein wirkliches Problem für ihn dargestellt, nur für uns Eltern. Aber inzwischen ist der kleine Mann wieder so fit, dass diese ganzen Schläuche sehr hinderlich und dazu noch ununterbrochen verheddert sind.

Irgendwie kann ich es selbst noch nicht realisieren, dass wir nun erneut im Krankenhaus sind! Und das auch noch so kurz vor unserem Abflug!

Schon seit Wochen ist Josia angeschlagen. Zur anfänglichen Erkältung kam irgendwann der Husten, der dank regelmäßigem Inhalieren glücklicherweise nicht zu schlimm wurde. An unserem Hochzeitstag brach Hand-Mund-Fuß bei ihm aus, die Erkältung immer noch im Schlepptau.

Genau eine Woche später hat er erneut gefiebert, so dass wir nochmals mit ihm zum Kinderarzt sind. Zu diesem Zeitpunkt waren alle anderen Kinder auch krank und somit konnte der Arzt direkt allen in Mund, Ohren usw. schauen.

Das Fieber ging, aber der Husten und seine Atmung wurden trotz inhalieren schlimmer. Zu diesem Zeitpunkt haben wir bereits mit einem bronchienerweiternden Mittel inhaliert. Am Mittwoch waren wir nochmals zum Abhören der Lunge.

Sein heftiger Ausschlag war zu diesem Zeitpunkt am Abheilen und es kamen keine neuen Pusteln dazu. Aber seine Atmung hat uns echt nicht gefallen.

Am Donnerstag hat er einen ungewöhnlich langen Mittagschlaf gemacht. Zum Abend hin wurde er wieder sehr jammrig und hat einen echt schlappen Eindruck auf mich gemacht. Aber anfangs dachte ich noch, dass er vielleicht einfach nur hungrig und müde ist, und deshalb so weinerlich ist. Also haben wir schnell das Abendessen vorbereitet. Ha-Di war bereits auf dem Sprung, da er an diesem Abend einen Hauskreistermin etwas weiter weg hatte.

Als ich mit den Kindern beim Essen saß, ist mir zuerst aufgefallen, dass Josia richtig kalte und rot-blaue Händchen hat. Zuerst dachte ich noch, dass es ihm nur kalt sein könnte, und habe noch ein dünnes Jäckchen übergezogen. Aber dann habe ich gesehen, dass auch sein Gesicht nicht gut aussieht und er regelrecht verfärbt war. Selbst Nasya meinte: „Mama, Josia sieht richtig lila aus!“ Seinem gesamten Verhalten nach schien er sich auch echt nicht wohl zu fühlen.

Ich habe ihn auf den Arm genommen und unverzüglich bei Ha-Di angerufen. Er hat direkt die nächste Ausfahrt genommen und eine Kehrtwende eingelegt. Bis er bei uns war, hatte ich Josia bei mir auf meinem Arm. Es war keine wirkliche Veränderung zu beobachten – weder in die eine noch in die andere Richtung.
Ha-Di kam und fand seinen Zustand auch sehr sonderbar, so dass er den Notarzt angerufen hat. Ich habe schnell ein paar Kleidungstücke und sonstige Dinge in einen Trolley geworfen und dann war der Krankenwagen auch schon da. Die zwei Männer haben Josia angeschaut. Sein kompletter Körper war rot-blau marmoriert und er war weinen. Nachdem sie kurz ein paar Reaktionen von ihm getestet hatten und uns einige Fragen gestellt haben, meinten sie nur, dass er zumindest in keinem akut lebensbedrohlichen Zustand wäre. Sie wollten wissen, ob er sich verschluckt haben könnte. Aber er hatte zuvor normal gegessen. Auch von seiner Flasche hatte er ein wenig getrunken, wollte dann aber nicht mehr. Und das ist für ihn total untypisch, denn normalerweise kann er dieses Ding nicht schnell genug leer trinken.

Diese ganze Untersucherei fand Josia ziemlich doof und er hat sich gewehrt – was in so einem Fall ja durchaus ein gutes Zeichen ist! Und er musste auch ziemlich weinen und zwischendurch husten. Das klang recht verschleimt und vielleicht war dies auch die Ursache für seinen schlechten Zustand. Vielleicht war dieser ganze Schleim einfach so doof festgesessen, dass die Luftzufuhr dadurch deutlich verschlechtert wurde? Immerhin sah er nach all dem Husten und Weinen schon ein wenig besser aus, was die Marmorierung seinen Körpers anging.

Die Rettungssanis haben uns dann verkündet, dass sie den Kleinen nur schlecht mitnehmen könnten, weil sie keinen richtigen Kindersitz im Krankenwagen hätten. Wir sollen deshalb am besten selbst ins Krankenhaus mit ihm fahren, damit ihn ein Kinderarzt ansehen und genauere Untersuchungen veranlassen könnten.

Tja, da standen wir mal wieder. In gewisser Weise war es mir  lieber, nun selbst zu fahren. Aber dennoch hatte ich auch Angst, dass sich der Zustand von ihm plötzlich richtig verschlechtern könnte. Denn schließlich war weiterhin unklar, was dem Kind überhaupt fehlt. Und für einen richtigen Notfall hätten wir nichts an der Hand, um unserem Kind helfen zu können!

Also haben wir uns auf den Weg in die Kinderklinik nach Stuttgart gemacht. Die Fahrt verlief zum Glück ohne Zwischenfälle und Josia hat überwiegend geschlafen. Im Krankenhaus mussten wir uns erst mal orientieren, da wir seit dem Umzug in den Neubau noch nie hier waren. Annelie lag in der Kinderklinik in Ludwigsburg und wir hatten kurz in Erwägung gezogen, wieder dort hin zu fahren, da wir uns eher auskennen und eben auch manche Ärzte kennen.

Bei der Aufnahme haben wir natürlich auch erwähnt, dass Josia Down Syndrom hat. Und dann kam von der diensthabenden Ärztin schon ein erstes, kurzes Kommentar, dass er dann ja evt. einfach nur Atemprobleme wegen der zu großen Zunge gehabt haben könnte. Denn sowas kommt bei diesen Kindern öfter mal vor.

Ich kam mir in diesem Moment so vor, als ob man unseren Sohn unverzüglich in diese „Sonderschublade“ geschoben hat… denn manche Dinge sind eben typisch für Kinder mit DS. Tja, das mag durchaus der Fall sein. Aber ich hatte an diesem Abend nicht den Eindruck, dass diese ganze Sache „nur“ ein Down-Problem ist. Vielleicht mag das DS dazu beitragen, dass der Schleim zum Beispiel schlechter abgehustet werden kann bzw. das die Lunge eben aufgrund der leichten Muskelschwäche, die Josia eben auch hat, nun schwerer arbeitet. Aber ich war mir sicher, dass all dies eben nur ein kleiner Anteil sein wird, und nicht das Hauptproblem.

Bei der Anamnese und den folgenden Untersuchungen war die Ärztin dann aber ganz bei der Sache und hat sich wirklich die Zeit genommen, sich unseren Sohn richtig anzuschauen. Die Sauerstoffsättigung wurde sofort geprüft, und sie war unter 80! Er bekam also sofort Sauerstoff über die Nase zur Atemunterstützung, damit die Sättigung wieder hoch geht. Das fand er natürlich ziemlich doof!

Dann wurde noch einiges an Blut abgenommen. Die ersten Ergebnisse waren zum Glück nicht zu besorgniserregend. Demnach war seine Sauerstoffversorgung zuvor nicht zu bedrohlich im Keller!

Dann musste ich mit ihm zum Röntgen, denn schon beim Abhören der Lunge konnte man deutliche Geräusche hören. Da er nun auch wieder Fieber hatte – bei uns zu Hause war er noch fieberfrei gewesen -, bekam er Fiebersaft. Und als er wieder etwas wacher war, hat er sogar noch seine Flasche fast komplett leer getrunken.

Bis wir auf ein Zimmer kamen, vergingen noch ein paar Stunden. Irgendwann kam dann noch ein Arzt vorbei, um zu verkünden, dass das Röntgenbild keine extremen Auffälligkeiten zeigen würde, nur ein paar leichte Stellen.

oh mit josia 3 oh mit josia 2

Die erste Nacht habe ich bei Josia verbracht. Er war immer wieder kurz wach, weil er Husten musste – bedingt durch Schleim. Und dann war er oft auch ziemlich am Heulen, da es ihm glaub weh tat. Er bekam die höchste Stufe Sauerstoff, die man nur über Nase bekommen darf. In der Nacht ging sein Fieber auch nochmals etwas hoch und er war unruhiger.

Ich konnte nicht all zu viel schlafen, da immer wieder ein Piepsen vom Monitor kam.

Am nächsten Tag sollte ein EEG gemacht werden, um zu sehen, ob er evt. einen Krampfanfall hatte. Aber Josia hat von dem Zeitpunkt, als er diesen komischen Gummiband-Hut aufbekam gebrüllt und sich gewehrt. Wir haben es mit Ablenken usw. versucht, alles ohne Erfolg. Also kam der Hut mit all den vielen Steckern wieder ab, ohne überhaupt mit der Untersuchung begonnen zu haben.

Nach Rücksprache mit dem Arzt haben wir diese Untersuchung dann endgültig abgesagt. Meiner Einschätzung nach war die Ursache für seinen schlechten Zustand kein Krampf.

Am Nachmittag wurde dann noch ein EKG gemacht und dann noch ein Herzultraschall mit Herzstrommessung oder wie man das auch nennen mag. Beides war unauffällig.

Er wird seit Freitagnachmittag erneut mit Antibiotika behandelt, da das Röntgenbild und auch das Abhören für eine Lungenentzündung sprechen. Das würde dann auch erklären, warum seine Sauerstoffsättigung derzeit so niedrig ist. Man kann ihm auch ansehen, dass ihm momentan das Atmen viel Arbeit macht.

Die zweite Nacht hat Ha-Di bei ihm im Krankenhaus verbracht, damit ich etwas mehr Schlaf am Stück bekomme. Unterbrochen war mein Schlaf aber auch zu Hause, da Nasyas Ohren schlimmer wurden und sie starke Schmerzen hatte. Sie konnte abends schon nicht einschlafen, so dass ich ihr noch ein Schmerzmittel verabreicht habe. Dennoch kam sie zwei Mal in der Nacht, weil sie solche Schmerzen hatte.

Für mich war es echt komisch, ganz ohne Josia zu sein. Es war die erste Nacht, die wir getrennt verbracht haben…

Am Morgen bin ich direkt zu Ha-Di zum Schichtwechsel. Ich hatte Nasya dabei und der Arzt hier war so freundlich, und hat einen Blick in ihre Ohren geworfen. Sie hat eine Mittelohrentzündung.

Josia geht es heute schon deutlich besser, so dass es ihm hier bereits eindeutig zu langweilig wird. Die Kabel sind ständig im Weg, er kann sich nur eingeschränkt bewegen, will aber alles untersuchen. Als ich kurz auf dem Klo war, hat er an seinem Monitor rumgespielt und war schon dabei, Dinge zu verstellen. Touch-Screen ist eben nicht nur vorteilhaft!

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OH mit Josia 1

Im Augenblick schläft er ganz friedlich, und ich genieße diese kleine Pause sehr! Die ganzen Bilder sind durchweg Handy-Aufnahmen; von der Bildqualität folglich nicht ganz so klasse.

Und das letzte Bild hatte ich am Donnerstag gemacht, als ich noch eine kleine Runde mit Josia in der Trage an der frischen Luft unterwegs war und den wunderschönen Abendhimmel bewundert habe….

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