Über den Wolken…

Selbst nach all den Jahren bin ich kein Freund des Fliegens. Es ist zwar wirklich ein Segen, dass man innerhalb weniger Stunden von einem Kontinent zum nächsten kommt, aber genießen tue ich es trotzdem nicht.

Der ständige Geräuschpegel, die für meine Verhältnisse viel zu trockene Luft, die eingeschränkte Bewegungsfreiheit, regelmäßig und zuverlässig auftretende Niesanfälle, brennende Lippen und die Unfähigkeit, im Sitzen schlafen zu können… all das trägt unweigerlich dazu bei, dass mir über Kurz oder Lang regelrecht die Decke auf den Kopf fällt.
Es gibt Menschen, die einfach ihre Augen schließen und in jeglicher Lage vor sich hinschlummern können bzw. sogar den Schnarchmodus erreichen. Und in diesem Moment würde ich diese besondere Schlaf-Gabe äußerst gerne besitzen, denn damit bekommt das Fliegen ein ganz anderes Gesicht. Aber bis heute kann ich genau das nicht; selbst bei extremer Müdigkeit!
Als ich im zarten Alter von 15 Jahren mit meiner Klassenstufe nach London gefahren bin, wurde ich erstmals Augenzeuge von diesem Phänomen. Meine Freundin saß im Bus neben mir und schon nach kurzer Zeit hat sie ihren Kopf an die Scheibe gelehnt und schwups war sie im Land der Träume. Sie hat mir dann erklärt, dass sie das von Kindheit an gelernt hätte. Anders wären die langen Fahrten in die Türkei nicht zu überstehen gewesen. Mag wohl wahr sein, aber bei mir hat sich bisher kein Lernerfolg niedergeschlagen. Und so sitze ich um 3.30 Uhr am PC und tippe wirre Sätze vor mich hin, während um mich herum die Mehrheit zu schlafen scheint. Naja, vielleicht scheint das auch nur so.

Ich hatte ja gehofft, dass der 3. Platz in unserer Reihe frei bleiben könnte. Dementsprechend irritiert war ich, als eine Frau mich freundlich gebeten hat, dass ich doch kurz Platz mache, damit sie an ihren Platz kommt. Tja, der Flieger ist relativ voll. Beim ersten Flugabschnitt waren dagegen ¾ der Plätze frei. Nur war es zu diesem Zeitpunkt für mich noch zu früh zum Schlafen und der Flug auch nur ca. 3h lang, plus 1h Zwischenstopp beim Kilimanjaro. Josia hat das anders gesehen und ist kurz nach dem Start eingeschlafen. Ich war sehr dankbar für diese unerwartete Pause.
Als wir gegen 19 Uhr in Addis gelandet sind war er dann wieder wach und ausgeruht. Der Auslauf am Flughafen tat ihm daraufhin gut. Auch wenn der Flughafen selbst nicht all zu viel zu bieten hatte. Die viereinhalb Stunden Transit-Zeit haben sich demnach ziemlich gezogen. Ich war dankbar, dass Josia lange Zeit alleine durch die Gegend gelaufen ist ohne sich dabei zu weit von mir zu entfernen. Er hat ein paar Bekanntschaften gemacht, des Öfteren einen interessierten Blick in den Laptop fremder Leute geworfen, eine afrikanische Kindertrommel geschenkt bekommen und schlafende Leute zu wecken versucht.

Als wir gegen 23.30 endlich zum Weiterflug aufgerufen wurden, ist er in der Trage eingeschlafen. Aber kaum waren wir im Flugzeug, war er wieder wach und musste direkt alles auskundschaften. Vor allem der Bildschirm an seinem Platz hatte es ihm sehr angetan.
Der zweite Einschlafversuch ist dann vom Bord-Service unterbunden worden. Er hatte es sich gerade ganz eigenständig auf dem Boden bequem gemacht – mit Decken und Kissen – als die Beleuchtung im Flugzeug wieder voll aufgedreht wurde. Und dann musste er natürlich unverzüglich zurück auf seinen Platz klettern und Ausschau halten, was als nächstes kommt. Und es kam tatsächlich etwas: das Essen. Josia hat den Wagen mit den Getränken gesehen und dann direkt nach seinem Tisch verlangt. Dann hat er selbst seine Trinkflasche an den vertieften Platz gestellt und geduldig gewartet, bis sein Tablett geliefert wurde. Vom Essen selbst war er dann allerdings nicht mehr ganz so angetan. Aber immerhin hat er ein Brötchen mit Butter gegessen.

Es war schon nach 2 Uhr, als er dann der Müdigkeit endgültig erlegen ist. Seither liegt er nun in meinem Fußraum und schläft brav.

Seit kurz nach 13 Uhr sind wir inzwischen unterwegs. Ha-Di hat uns zum Flughafen gebracht und dann seinen pinken Ausweis ausgespielt. Dank diesem durften wir in den VIP-Bereich. Er hatte uns schon von Zuhause aus eingecheckt, so dass wir nun lediglich unsere Koffer abgeben mussten. Die wurden dann vom Personal übernommen, inklusive unserer Pässe und Bording-Karten. Wir konnten die klimatisierte Ruhe und noble Ausstattung genießen, während alles weitere für uns erledigt wurde. Selbst die Passkontrolle verlief ganz ohne unsere Anwesenheit. Das hatte ich auch noch nie.
Josia hat erst mal tüchtig die Tische geputzt. Die Boxen mit den Tüchern waren einfach zu einladend für ihn. Dann hat er den Mülleimer entdeckt und ziwschendurch musste er immer mal wieder zur Durchleuchtungsmaschine. Ich glaube, da wäre er am liebsten mal selbst durchgekrabbelt, wenn er hochgekommen wäre.
Ha-Di hatte alle Hände voll zu tun, denn außer seinem Sohn wollten noch etliche weitere Leute was von ihm, so dass er gefühlt ununterbrochen am Telefon war. Dennoch habe ich die Zeit, die er noch bei uns sein und sich mit um Josia kümmern konnte, genossen. Dann kam zu allem Überfluss noch eine dunkle Wand an und kurz darauf hat es angefangen zu schütten. Als wir in den Bus gestiegen sind, war der Regen glücklicherweise schon fast abgeklungen, so dass wir kaum nass geworden sind.
Im Flugzeug hat Josia sofort auf Erkundungs-Modus geschalten und mal alles untersucht und ausprobiert, denn es gab ja so viele unbekannte Knöpfe und Schalter. Und dann sind wir auch schon abgehoben auf dem Weg ins winterliche Deutschland.

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