Zur Porzellanhochzeit nach Sansibar – unsere abenteuerliche Anreise

Ich weiß nicht mehr im Detail, wie die Idee überhaupt aufgekommen ist. Aber Ha-Di spielte grundsätzlich schon länger mit dem Gedanken, dass ich ihn irgendwann mal auf einer seiner Reisen nach Sansibar begleiten könnte. Ich allein, das war natürlich denkbar unwahrscheinlich! Aber eventuell nur mit einem Teil der Kinder, dem Teil, der eben noch nicht so eigenständig ist, um selbständig zurecht zu kommen.

Außerdem kam unser 20jähriges Hochzeitsjubiläum in großen Schritten auf uns zu. ZWANZIG Jahre – ist das echt schon so lange her? Wie schön wäre es doch, anlässlich dieses besonderen Ereignisses auch eine besondere Reise anzutreten?!

Und so haben wir einfach den Schritt gewagt und die Schulleitung von Josia angeschrieben, unsere Situation ein wenig erklärt und geradeheraus angefragt, ob eine zweiwöchige Freistellung für ihn möglich wäre. Als wir wenig später eine Zusage erhalten haben, waren wir sehr überrascht und glücklich.

Aufgrund der noch geltenden Corona-Auflagen mussten wir für die Reise einen zusätzlichen Puffer von fünf Tage einplanen, da dies die vorgeschriebene Quarantäne darstellte. Dafür konnten dann unsere regulären Herbstferien herhalten.

Ha-Di hat sich hinter seinen Rechner geklemmt, um nach Flügen und Hotels zu suchen. Nur wenig später hatten wir etwas passendes gefunden und der genaue Reisezeitraum sowie die Unterkunft für die erste Woche waren fix. Um die zweite Woche wollten wir uns erst vor Ort kümmern.

Wir hatten uns vorab selbstverständlich mit den vier großen Kindern sowie mit meiner Schwester ausführlich besprochen, wie es hier daheim ohne uns laufen könnte. Meine Schwester sollte während unserer Abwesenheit den Status des Erziehungsberechtigten übernehmen, schließlich sind alle Kinder noch unter 18 Jahren und es kann durchaus vorkommen, dass in diesen zwei Schulwoche irgendwelche Unterschriften benötigt werden oder man mal wohin muss, wo es einen Autofahrer braucht oder sonst was. Das Leben als solches ist nun mal nicht planbar.

Meine Schwester ist durch ihre Arbeit zeitlich stark eingebunden, aber da sie direkt bei uns im Haus wohnt ergeben sich automatisch tägliche Berührungspunkte und die Wege sind kurz. Wäre das nicht der Fall gewesen, dann hätten wir dieses Vorhaben vermutlich nicht in die Tat umgesetzt.

Die Jungs waren voller Vorfreude und konnten es kaum erwarten, dass es endlich los geht. Ich habe gepackt, geplant und organisiert, um Zuhause eine möglichst gute Grundlage für den Rest der Familie zu legen.

Und dann war er endlich da, der lang ersehnte Tag unseres Abfluges! Die vielzähligen Koffer waren gepackt, mit unseren und jede Menge anderen Sachen, die Reiseunterlagen griffbereit im Handgepäck und alles problemlos im Bus verstaut. Ha-Dis Freund hatte sich dazu bereit erklärt, uns nach Frankfurt an den Flughafen zu fahren.

Aber bereits beim Starten unseres Autos kam mir der Klang des Motors ungewohnt vor. Wir tuckerten dennoch zuversichtlich los, vielleicht würde sich der Hauch von Traktor nach wenigen Metern wieder legen. Aber leider war dem nicht so. Denn kaum hatten wir unser Städtchen verlassen und die Geschwindigkeit erhöht, wurden die Geräusche lauter und die Kraft schwand merklich. Nach fünf Minuten Überlandfahrt machten wir kehrt und tuckerten nach Hause zurück.

Während das Auto immer lauter wurde, ratterten unsere Gedanken auf Hochtouren, um alternative Reisemöglichkeiten ausfindig zu machen. Aber auf die Schnelle konnten wir kein großes Auto auftreiben, was wir bei der Masse an Gepäck und Personen auf jeden Fall benötigt hätten. Also entschlossen wir uns für getrennte Wege. Ha-Di wollte mit Ben, seinem Freund und all den vielen Koffern auf unser kleines Auto umsteigen – in der Hoffnung, dass da dann auch alles irgendwie seinen Platz findet – , während Josia und ich mit dem Zug nach Frankfurt fahren sollten. Dank seines Behindertenausweises reisen wir da ja quasi kostenfrei.

Wir haben gar nicht lang überlegt, nur schnell daheim den Behindertenausweis geschnappt, sowie einen Trolley mit etwas Essen und Trinken und sind zur S-Bahn geeilt. Ungünstigerweise hatte ich noch nicht einmal Geld oder eine Kreditkarte bei mir, was uns später fast zum Verhängnis geworden ist!

Es ist nämlich schon einige Jahre her, seit wir zuletzt mit Josia im ICE unterwegs waren. Im Alltag nutzen wir meist nur Bus und Bahn des hiesigen öffentlichen Nahverkehrs. Bei unserer letzten ICE-Fahrt war das Kind noch unter sechs Jahre und somit reiste er und seine Begleitperson tatsächlich kostenfrei. Mir war nicht bewusst, dass die kostenfreie Beförderung im Nah- und Fernverkehr nicht allumfassend ist, sondern ab einem bestimmten Alter gewisse Züge davon ausgeschlossen sind.

Auf seiner Wertmarke steht schließlich: „Der Inhaber oder die Inhaberin dieses Beiblattes ist im öffentlichen Personenverkehr unentgeltlich zu befördern….“

Josia und ich haben in Stuttgart den langen Fußmarsch zur Fernbahn gut gemeistert und wenig später kam unser ICE. Wir suchten uns einen schönen Platz im Kinderabteil in netter Gesellschaft einer jungen Frau.

Es dauerte nicht lange, bis der Kontrolleur an unserer Tür stand und die Fahrkarten sehen wollte. Und dann brach die Realität über uns herein, denn Josia benötige für diesen Zug eine Kinderfahrkarte. Der Schaffner war freundlich, aber bestimmt und machte uns klar, dass wir entweder jetzt und hier die Fahrkarte kaufen oder am nächsten Bahnhof den Zug verlassen und dann eben auf eine Regionalbahn oder dergleichen umsteigen müssten. Wann und wie das zeitlich dann mit der Ankunft am Frankfurter Flughafen noch reichen würde, war natürlich unklar.

Die Situation war nicht nur äußerst ungünstig, sondern auch peinlich. Wer reist schon völlig ohne Geld! Aber wir hatten für all diese Dinge leider tatsächlich keine Zeit mehr gehabt. In meinem Kopf kreisten die Gedanken und ein konstantes „Herr, hilf uns!“. Was sollen wir nun tun? Kommen wir rechtzeitig zum Flughafen, wenn wir in Mannheim, oder was weiß ich wo der nächste Halt ist, aussteigen und mit irgendeiner Bahn fahren, die für uns tatsächlich kostenfrei ist? Und wie lange würde diese Bahn dann bis Frankfurt unterwegs sein? Unser Flugzeug wird nicht auf uns warten, das ist klar!

Und dann kam besagte junge Frau ins Spiel. Sie bot an, für uns die Karte zu bezahlen! Und mir fiel in diesem Moment ein mächtiger Stein vom Herzen!

Ich bedankte mich vorab schon überschwänglich, weil ich sowas von erleichtert war! Nach all dem Stress, den wir in den letzten Stunden durchlebt hatten, war diese Nachricht Balsam auf meiner Seele.

Für den Schaffner war es kein Problem, von wem er das Geld bekommt. Die Frau löste unsere Fahrkarte, wir erhielten den Wisch und der gute Mann zog von dannen. Als die Abteiltür zu war, tauschen wir kurz unsere Email-Adressen aus, damit ich ihr später das Geld zurücküberweisen konnte. Leider hatte ich selbst zu diesem Zeitpunkt noch kein Paypal auf meinem Handy.

Außerdem befragte ich unverzüglich Google zum angegebenen Artikel, welcher in Klammer auf Josias Wertmarke angeführt war. Und dort lass ich dann folgende Ergänzung: „…die unentgeltliche Beförderung verpflichtet zur Zahlung eines tarifmäßigen Zuschlages bei der Benutzung zuschlagpflichtiger Züge des Nahverkehrs…“ Die Worte >unentgeltlich< und >Zahlung< sind nach meinem Verständnis zwei Dinge, die sich gegenseitig ausschließen. Aber im Paragrafendeutsch ist das wohl anders und wir sind nun nicht nur eine Erfahrung reicher, sondern zukünftig hoffentlich auch besser vorbereitet 🙂

Wir erreichten den Flughafen vor den Autofahrern und haben uns sogleich auf die Suche nach herrenlosen Gepäckwägen gemacht. Mit unserer Beute sind wir zum vereinbarten Treffpunkt und wenig später trafen die Männer ein. Das Auto war echt vollgestopft bis zum äußersten, aber es war wirklich alles drin, was mit sollte.

Unsere drei Gepäckwägen waren schnell beladen, wir verabschiedeten uns und steuerten den Check-in-Schalter an. Dort ging alles reibungslos und zügig, so dass wir kurz darauf den Sicherheitscheck arbeiteten. Und dann zogen wir weiter zur Lounge, in welcher allerdings nur meinem Mann Eintritt gewährt wurde. Aber diesen kurzen Luxus-Boxenstopp haben wir ihm nach der aufregenden Anfahrt von Herzen gegönnt.

Wir drei ließen uns in der Nähe nieder, zogen das mitgebrachte Vesper aus unseren Taschen und genossen ebenfalls die wohlverdiente Pause. Aber für die Jungs war nicht an Pause zu denken, denn sie waren so aufgeregt und voller Vorfreude, da das Flugzeug schon zum Greifen nahe war.

Im Flieger trennten sich für uns die Wege erneut. Diesmal durfte ich nach vorne und den Luxus eines Businessflug erfahren. Also so lässt es sich wirklich gut reisen, auch wenn ich mich ehrlich gesagt ziemlich fehl am Platz gefühlt habe. Die Jungs hatten ihren Spaß mit den Bildschirmen und allem, was da sonst so geboten war. Irgendwann haben sie glücklicherweise trotz der ganzen Aufregung in den Schlaf gefunden.

Beim Zwischenstopp in Addis wurde uns freundlicherweise der Eintritt in die Lounge gewährt, und wir konnten uns an einem ruhigen Plätzchen zur Fortsetzung der Nachtruhe zurückziehen. Die zwei Kleinen haben das problemlos mitgemacht und der Schlaf war auch bitter nötig nach der extrem kurzen Nacht.

Es blieb noch genügend Zeit für ein Frühstück, bevor wir wieder durch die Sicherheitsschleuse zum nächsten Flieger mussten.

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Und dann landeten wir einige Stunden später auf Sansibar und waren einfach da. Noch bevor sich die Türen des Flugzeuges öffneten umarmte uns die wohlvertraute Hitze mit ihren schweren Armen.

Ja, wir waren tatsächlich zurück auf „unserer“ Insel!

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