Entlassung in die Ungewissheit

„Sollen wir nun einfach nach Dar fahren?“

Diese Frage stand vor wenigen Stunden tatsächlich im Raum. Mein Mann saß zusammen mit Josia im Auto eines guten Freundes mitten in Nairobi – völlig plan- und orientierungslos.

In den vergangenen Tagen war unser Hauptfokus auf die Sauerstoff-Werte von Josia gerichtet. Wir haben gehofft und gebetet, dass der Kleine es endlich schafft, ohne Sauerstoffgabe seine Werte zu halten. Immer wieder kamen Einbrüche und der Bedarf stieg, anstatt wie ersehnt zu sinken. Ihm selbst ging es von Tag zu Tag merklich besser und seit Samstag war er mit den beiden Antibiotika durch. Aber der Sauerstoffschlauch blieb…

Um nicht gänzlich untätig zu sein, hat Ha-Di sich aktiv mit der Rückreise befasst. Der Arzt hatte uns vor Tagen bereits mitgeteilt, dass Josia für die Rückreise im Flugzeug auf alle Fälle Sauerstoff haben sollte. Gerade bei Start und Landung kann es leicht zu einer Unterversorgung kommen. Schon beim Hinflug waren die Werte während dem Flug extrem schlecht. Und damals war er unter ärztlicher Aufsicht und bekam Sauerstoff zur Unterstützung.

Eine Flasche leihen geht am Wochenende nicht und außerdem hatten sie nur große 20l Flaschen. Wer soll denn bitte sowas tragen? Eine Airline, mit der Ha-Di Kontakt aufgenommen hatte, kann für den Flug gegen einen Aufpreis von 200 $ Sauerstoff zur Verfügung stellen. Ein Lichtblick! Aber als er heute früh dann erneut mit dieser Airline im Gespräch war, kam die Info, dass er zusätzlich eine medizinische Fachkraft, sprich Krankenschwester oder Arzt, benötigt! Woher nehmen…?

Ich hab keine Ahnung, wie viele Stunden mein armer Mann heute am Telefon verbracht hat. Und all das nur, um am Ende deutlich mehr Fragen und Chaos zu haben als jemals erwartet. Wir sind ja nicht erst seit gestern hier. Und wenn wir eins in all den Jahren gelernt haben, dann ist es die Tatsache, dass man ständig und überall mit unerwarteten Problemen zu rechnen hat.

Aber mit dem, was heute kam, hat echt keiner von uns gerechnet!!!

Wir waren noch damit beschäftigt, irgendwo eine Krankenschwester aufzutreiben – zum Glück haben Teamkollegen gerade Besuch von einer, die gerne dazu bereit war, uns zu helfen 🙂 – als das nächste Problem kam. Die gebuchten Flüge wurden nicht bestätigt, da scheinbar keine Zahlung über die angegebene Kreditkarte möglich war. Und kurze Zeit später hieß es, dass der Nachtflug ganz gestrichen sei!

Zu diesem Zeitpunkt hatte Ha-Di bereits alles gepackt, alle Unterlagen und Entlassungsbrief in der Hand. Aber wohin gehen, wenn heute kein Flug mehr mit dieser Airline nach Sansibar aufbrechen wird?

Plan B wurde zusammengestückelt. Also doch erst morgen fliegen. Die Krankenschwester könnte mit dem ganz frühen Flug von hier anreisen und dann sozusagen direkt in die Maschine für den Rückflug einsteigen – vermutlich ist es sogar ein und dieselbe Maschine, mit der sie ankommen wird, denn es wäre gerade mal 1h Aufenthalt für sie in Nairobi gewesen.

Auch daraus wurde nichts, denn der Flug ist ebenfalls gestrichen! Also doch mit dem Auto fahren? Sein Freund hat ihm genau dieses Angebot gemacht: „Wir fahren einfach die Nacht durch, dann sind wir morgen Vormittag in Dar es Salaam und du kannst mit der Fähre nach Hause.“

Inzwischen ist mein Mann auf dem Weg zu seinem Freund nach Hause. Er wohnt ca. 1,5 Autostunden außerhalb von Nairobi. Ha-Di hat sich doch fürs Fliegen entschieden, denn ein Bekannter von seinem Freund ist Arzt und wäre bereit, morgen die erforderliche medizinische Begleitperson für Josia zu sein.

Ich will nun einfach, dass diese Sache vorbei ist und die beiden endlich wieder da sind, wo sie hingehören!!! Wir vermissen sie alle so sehr. Und wir haben uns so gefreut, als Josia in der vergangenen Nacht tatsächlich in der Lage war, komplett ohne Sauerstoff-Gabe seine Werte zu halten. Das war ein echtes Geschenk für uns.

Ach, und außerdem wissen wir momentan noch nicht mal, ob unsere Krankenversicherung die Krankenhauskosten überhaupt übernehmen wird! Das kam heute nämlich ganz unerwartet zu unserem schon vorhandenen Chaos als weiterer Brocken dazu…

Ein Kommentar

  1. Ach Mensch, jetzt hoffe ich seit Tagen auf die erlösende Nachricht der Entlassung – jetzt ist sie zwar da, aber wieder mit so vielen Schwierigkeiten für euch! Ihr habt jetzt echt verdient, bald wieder zusammen zu sein und dann hoffentlich gemeinsam und bei guter Gesundheit aller Beteiligten das Familienleben genießen zu können!
    Drücke euch dafür ganz fest die Daumen!

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