Jahrestag

Nun ist es schon ein ganzes Jahr her, seit meine Mutter gestorben ist… und an den meisten Tagen ist es immer noch total unwirklich für mich. Wird sich das irgendwann mal ändern?

In den letzten Wochen hatte ich Phasen, wo ich einfach viel Schwere und Traurigkeit in mir gespürt habe. Meine Gedanken wanderten immer wieder zu den Ereignissen vor einem Jahr, die letzten drei schweren Wochen im Leben meiner Mutter. Sie hat gekämpft bis  zum Schluss und ganz besonders in ihrer letzten Nacht.

Ich weiß noch, wie ich während dieser Zeit jedes Mal unter Hochspannung stand, wenn plötzlich unser Telefon geklingelt hat. Bei uns klingelt das Telefon kaum, aber gerade in diesen Wochen kamen ständig neue schlechte Nachrichten per Anruf bei uns an und ich hatte den dringenden Wunsch, dass sie es schafft, bis ich kommen kann. Genau das hat sie auch; und es war für uns alle ein echtes Geschenk.

Ich erinnere mich sehr gut an meinen Flug am 14.12. zusammen mit Joel. Noch nie fiel mir die Abreise von hier so schwer wie an diesem Tag. Beim Abflug musste ich weinen und ich hab mich sehr allein gefühlt. Wie gerne wären wir als ganze Familie geflogen. Aber die Dringlichkeit der Ereignisse haben das nicht zugelassen. Und es hatte auch sein Gutes, dass in den ersten Tagen nach Mamas Tod nicht schon alle Kinder da waren – es gab ja so viel zu planen und zu erledigen.

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Ich bin dankbar für alle Erinnerungen. Immer wieder haben wir Zeiten, wo wir mit den Kindern Bilder von ihrer Oma anschauen und über gemeinsame Erlebnisse reden. Bisher erinnern sie sich noch recht gut an sie; zumindest die zwei Großen.

Dennoch wäre es sehr wertvoll, wenn wir noch mehr Erinnerungsschätze von ihr geerbt hätten. Sie hat nie gerne geschrieben und deshalb gibt es kaum Briefe von ihr und auch keine Tagebuchaufzeichnungen oder dergleichen. Umso bedeutsamer war und es ist für uns als Familie, dass wir unsere Erinnerungen austauschen. In den Wochen nach ihrem Tod hat mein Vater uns Kindern immer mal wieder Abschnitte aus Briefen vorgelesen, die er von ihr während ihrer Freundschaftszeit und in den ersten Ehejahren bekommen hat. Auch von unserer Tante und von guten Freunden haben wir die ein oder andere Geschichte erzählt bekommen. Nicht viel, aber jedes Stück ist ein weiterer Stein im großen Mosaik; das ihr Leben beschreibt.

Auf der anderen Seite erlebe ich es immer wieder, wie in bestimmten Situationen die Trauer in mir aufkommt. In den ersten Wochen war es besonders dann sehr intensiv, wenn ich mit anderen gesungen bzw. bestimmte Lieder gehört habe. Singen ist etwas, was mich unmittelbar an meine Mutter erinnert, da sie immer sehr gerne und viel gesungen hat und eine wirklich besondere Stimme hatte.

Zeiten in der Küche sind für mich auch häufig Erinnerungsmomente. Richtig extrem war das während unseres Deutschlandaufenthaltes, wo ich fast täglich in IHRER Küche stand und gekocht habe. Zwischendurch kam immer mal wieder die Sehnsucht in mir auf, von ihr bekocht zu werden. Es ist einfach ein besonderes Geschenk, wenn man nach Hause kommt und der Duft von leckerem Essen einen freundlich zum gedeckten Tisch ruft.

Ich hab eine email von einer Freundin bekommen, die meine Mutter noch von früher her gut gekannt hat. Ich hatte sie gebeten, ein paar Dinge für mich zu besorgen, da ihr Mann uns bald für ein paar Tage besuchen kommt. Während des Einkaufens kam ihr der Gedanke, dass dies ein „Mutterdienst“ für mich ist. Diese Aussage hat mich sehr berührt, weil es so treffend formuliert ist. Wenn ich etwas benötigt habe, wusste ich immer, dass ich meiner Mutter schreiben kann und sie ihr Möglichstes tut, um diese Dinge für mich zu besorgen und bei der nächstbesten Gelegenheit zu uns zu schicken (meist mit irgendwelchen Besuchern, ab und an auch per Päckchen).

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