Tagesausflug in den Ruaha Nationalpark

Es ist kurz nach fünf. Alle Kinder sind im Auto, aber nur Josia schläft brav in seinem Kindersitz weiter. Nasya jammert und möchte zurück in ihr Bett. Sie kam fast nicht vom Klo, aber wir sind dennoch losgefahren, in der vagen Hoffnung, ihr Zustand könnte sich stabilisieren. Sie hat schon seit zwei Tagen mit Durchfall zu kämpfen, und zwar richtig dünn. Und in der Nacht war sie mehrfach auf der Toilette. Die Chancen standen somit nicht all zu günstig. Leider hatten wir keinerlei Durchfallmedikamente dabei. Um diesen Tagesausflug gut zu überstehen, wollten wir zur Sicherheit in Iringa noch eine Apotheke aufsuchen. Kein einfaches Vorhaben morgens gegen 5.30 Uhr in einer Stadt, die man bisher nur einmal kurz gesehen hat. Die erste Apotheke mit 24h Dienst war zwar hell erleuchtet, aber auch noch mehrfachem Rufen und Klopfen kam niemand zur Tür. Wir sind den Wegweisungen eines Passanten gefolgt und wurden prompt von der Polizei angehalten, da wir in einer Einbahnstraße gegen die Richtung unterwegs waren. Als wir dem Polizisten von unserem kranken Kind erzählt haben, kam er zu uns ins Auto gestiegen und hat uns zum Krankenhaus begleitet. Dort bekamen wir aber auch nicht, was wir wollten. Zum Glück gab es ein paar Minuten weiter endlich eine Apotheke, die uns weiterhelfen konnte. Wir haben uns beim hilfsbereiten Polizist bedankt und sind zurück auf unseren eigentlichen Weg. Inzwischen war es allerdings schon kurz nach 6 Uhr. All zu weit kamen wir nicht, denn nur 5min später musste sich Nasya übergeben! Wir haben angehalten und Ha-Di hat notdürftig die Dinge gereinigt, die etwas abbekommen hatten. Nasya war am Weinen und wirklich fix und fertig. Sie musste aufs Klo und ihr war noch immer schlecht, so dass wir kehrt gemacht und zurück zum Camp gefahren sind. Dort hat sie sich direkt aufs Klo verzogen, anschließend ihre teils dreckigen Kleider gewechselt und sich ins Bett verkrochen, wo sie den Rest des Vormittages geblieben ist.

Am Samstag haben wir die gleiche Aktion durchgeführt, diesmal deutlich erfolgreicher. Gegen 5.20 Uhr waren wir an der Stelle, wo am Tag zuvor unsere Reise ihr jähes Ende genommen hat. Der Vollmond stand noch sehr hoch am Himmel, was wunderschön aussah und die Landschaft in ein besonderes Licht getaucht hat. Schon nach kurzer Zeit war die asphaltierte Straße zu Ende und die Dreckpiste wurde zum treuen Begleiter. Die Straße war leider alles andere als gut und an vielen Stellen glich sie einem Waschbrett. Dementsprechend laut war es während der Fahrt im Auto und wir wurden alle gründlich durchgerüttelt.

Langsam kam die Dämmerung und dann erschienen die ersten Lichtstrahlen am wolkigen Horizont. Wir mussten noch ein gutes Stück durch den Busch fahren – da war echt nichts außer Büschen, Bäumen, viel hohes Gras und zwei Fahrrinnen mitten durch. Die ersten Tiere , die unseren Weg kreuzten, waren Siafu (=Wanderameisen). In einem dicken, schwarzen Strich zogen sie quer über die Fahrspuren. Wie gut, dass wir im Auto saßen, denn diese Ameisen können echt sehr ungemütlich werden.

Kurz vor 8 Uhr waren wir endlich am Haupteingang zum Park. Erst mal ging´s für alle aufs Klo. Ha-Di hat sich um den Eintritt gekümmert und dann konnte die Safari beginnen.

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Vom ersten Streckenabschnitt nach dem Eingang habe ich nicht wirklich was mitbekommen, da ich nur damit beschäftigt war, die Invasion der CC-Fliegen in unserem Auto zu bekämpfen. Es war echt schrecklich, was uns da an Fliegen um die Ohren geschwirrt ist. Wir haben mit Jacken und Mützen um uns geschlagen, Direktangriffe mit Insektenspray durchgeführt und uns selbst so gut wie möglich eingesprüht. Ich weiß nicht, wie viele wir im Auto hatten… aber irgendwann waren sie tatsächlich alle draußen bzw. tot und ich konnte erstmals meine Augen auf die Landschaft richten, gerade rechtzeitig, als wir über den Großen Ruaha Fluss gefahren sind. Das war eine atemberaubende Aussicht!

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Von dort aus sind wir zu den großen Wasserstellen gefahren, wo man Hippos und Krokodile sehen kann. Wir haben nur ein paar dicke Hippos im Wasser treiben sehen, alles in allem aber doch recht weit weg. Mit der Karte in der Hand ging es dann quer durch den Park. Ha-Di hatte sich am Eingang darüber informiert, wo man am besten die Tiere sehen kann – und diesen Ratschlägen sind wir gefolgt. Anfangs haben wir allerdings nicht all zu viel gesehen…

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Joel und Josia haben zwischendurch noch ein kleines Nickerchen gehalten. Vorab hatten wir einen kleinen Zwischenstopp im Hauptquartier, wo wir unseren Reservetank zur Sicherheit mit 25l Sprit gefüllt haben – denn eine Tankstelle gibt es im Park nicht.

iringa ruaha 3 iringa ruaha 16Die Landschaft war unbeschreiblich – und leider viel zu groß um in entsprechender Weise in der Kamera einzufangen. Ich hätte mich am liebsten mit einem Liegestuhl am Rande dieser tollen Flussaue niedergelassen. Wobei eine Wanderung entlang des Flussufers mit Sicherheit auch total reizvoll gewesen wäre. Aber die Kinder wollten natürlich etwas mehr Aktion…

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… und Aktion hatten wir auch kurz darauf, als wir seitlich von uns einen Löwen durchs Gras marschieren sahen. Wir sind unverzüglich von unserem Weg abgebogen, um näher an den Löwen ranzukommen. Und da hat er sich auch schon niedergelassen – riesengroß und wunderschön, und das nur wenige Meter von unserem Auto entfernt! Wären wir kurze Zeit später an dieser Stelle vorbei gekommen, hätten wir ihn nicht mehr entdeckt, da er sich direkt an diesem Baumstamm ins Gras gelegt hat.

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Der Löwe ruht unterhalb des liegenden Stammes

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Nach dem Löwen kamen die Zebras. Unsere Kinder waren sich einig, dass wir hier direkt in eine Zebra-Hochzeit geplatzt sind, weil sich die beiden ja so schön umarmt haben!

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Inzwischen war es auch gut heiß geworden. Die Kinder hatten längst ihre langen Sachen ausgezogen und zwischendurch wurde an der Vernichtung unseres Proviants gearbeitet. Das Kommentar von Annelie war echt cool: „Das ist so wie wenn wir einfach durch das Wohnzimmer der Tiere fahren!“

Zum Mittagessen sind wir zum Hauptquartier zurück gefahren. Wir haben uns einfach zu den ganzen Einheimischen gesellt, die dort leben und arbeiten. Es gab Reis mit Bohne und Hühnchen inklusive Fanta für jeden. Nicht alle waren glücklich, aber immerhin hatten wir was Warmes im Bauch und dabei unbeschreiblich schöner Aussicht.

iringa ruaha 1 iringa ruaha 2aZum Nachmittag hin steigt in der Regel die Chance, dass man Tiere sieht. Wir haben uns also wieder auf den Weg gemacht und sind weiter über die holprigen Straßen gerauscht. An vielen Bäumen konnte man die Gegenwart der Dickhäuter nicht übersehen, die die Stämme waren durchweg stark beschädigt. Elefanten selbst waren nicht zu finden. Es hat noch eine Weile gedauert, bis wir dann doch welche gefunden haben.

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Außer dem großen Ruaha Fluss gibt es noch einen breiten Sandfluss, der bei starken Regenfällen tatsächlich zu einem richtigen Fluss werden kann – aber meist nur für kurze Zeit. Die meiste Zeit ist und bleibt es ein Sand-Fluss, den man an manchen Stellen sogar offiziell überqueren darf. In diesem Flussbett finden sich zeitweise viele Tiere ein – als wir da waren, haben wir allerdings nur Spuren von Tieren und Kothaufen zu sehen bekommen.

 

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Kaum hatten wir den „Fluss“ überquert, kam ein kleines Schlammloch. Ich war skeptisch, aber da man Autospuren sehen konnte, haben wir es dennoch versucht… und sind gescheitert. Als klar war, dass dieses Loch evt. doch zu tief sein könnte, wollte Ha-Di direkt zurücksetzen. Aber dann saßen wir schon fest. Das Auto war in der Mitte aufgesessen. Wir haben versucht, Grünzeug unter die Reifen zu schieben, damit wir besseren Halt bekommen. Ha-Di hat das Seil angebracht, um uns rückwärts rauszuziehen. Aber leider war kein passender Baum in der Nähe. Die Äste von den ganzen Büschen waren dafür zu schwach.

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Auf der anderen Seite des Sandflusses war ein Camp. Also hat Ha-Di sein Glück versucht und ist zu Fuß losgezogen. Doch leider war das Camp menschenleer. Zwischendurch hat er telefonisch Kontakt mit den Leuten am Eingang aufgenommen. Wie gut, dass er sich heut früh die Nummer hat geben lassen. Wir haben unsere genaue Position durchgegeben und um Hilfe gebeten. Bis dann tatsächlich jemand kam, war über eine Stunde vergangen. Obwohl unsere Lage genau zwischen zwei markierten Wegpunkten lag, wussten die Leute vom Park nicht wirklich, wo wir uns befinden und mussten relativ lange suchen. Wir haben in der Zwischenzeit weiter gerüttelt, geschaufelt, gezogen und gekämpft. Und das Auto hat sich sogar ein wenig zurück bewegt, ist dabei aber immer weiter zur Beifahrerseite abgerutscht. Die Schieflage war echt schlimm.

Mit Hilfe des zweiten Autos war die Sache schnell beendet. Ein paar gezielte Handgriffe und dann konnte die Freilegung losgehen. Am Ende habe ich noch ein kleines Video von dieser Rettungsaktion 🙂  Wir waren einfach total dankbar und erleichtert, als unser Auto endlich wieder fahrbereit war.

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All zu viel Zeit blieb uns nun leider nicht mehr. Wir haben uns also auf den Weg in Richtung Ausgang begeben – und nebenbei tatsächlich noch ganz nah einige große Tiere gesehen. Ein paar Elefanten standen wirklich fast unmittelbar neben unserem Auto, ebenso diese Giraffe. iringa ruaha 27 iringa ruaha 28iringa ruaha 29

Als wir die Brücke über den Ruaha-Fluss überquert haben, war die Sonne schon fast vor dem untergehen. Noch eine letzte Klo-Pause am Ausgang des Parks und dann haben wir die lange Rückreise angetreten. Es wurde schnell dunkel und der Vollmond kam. Außerdem konnten wir in den Wolken viel Wetterleuchten sehen. Der Geräuschpegel im Auto war dauerhaft sehr hoch, da wir wieder stundenlang über diese Waschbrett-Straße fahren mussten. Die Kinder sind dennoch nach und nach eingeschlafen. Davor wurden  noch ein paar Kekse und etwas Brot verspeist. Bis wir daheim ankamen war es schon nach 21.30 Uhr. Wir waren insgesamt 16,5h unterwegs, davon die meiste Zeit auf holprigen und steinigen Wegen. Alles in allem ziemlich anstrengend, aber trotz allem lohnenswert und sehr beeindruckend. Nur schade, dass der Tag so schnell um war…

Hier gibt es noch ein wenig Vogelstrauß, Elefant, die Rettung unseres Autos und das „Waschbrett“ zu sehen.

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