Tränende Herzen… Regen, Wind und Sonnenschein

tränende herzen

Der heutige Tag hat wettertechnisch sehr gut zu all den Emotionen gepasst, die mich derzeit behausen. Heute früh haben wir gerade das Schultor passiert, als die drohend schwarzen Wolken ihr Schleusen öffneten. Wie gut, dass ich bei einer Freundin im Auto Unterschlupf finden konnte.

Zwei Stunden später war der Himmel wunderschön blau mit einzelnen Wolken – aber diesmal weiß und gänzlich ungefährlich. Als ich Joel vom Kindi abgeholt habe, war die Sicht so klar, dass man ohne Probleme das Festland sehen konnte. Aber bereits zwei Stunden später gab´s erneut kräftigen Wind und Regenschauer.

Ich finde es immer jedes Mal aufs Neue faszinierend, wie extrem schwarz der Himmel hier innerhalb kurzer Zeit werden kann. Die Wolkenvielfalt und die dazu gehörigen Farbenspiele sind – gerade während der Regenzeit – unbeschreiblich und sagenhaft schön! Immerhin bringt der Regen Abkühlung und das Alltagstreiben scheint sich überall zu verlangsamen.

Schon über einen längeren Zeitraum hat sich abgezeichnet, dass uns Jason und Roxanne in näherer Zukunft verlassen werden. Anfang des Jahres haben sie uns über ihren Entschluss dann offiziell in Kenntnis gesetzt… aber nach all dem, was sich bereits in den Monaten davor abgezeichnet hat, waren diese Fakten nur eine Bestätigung für das, was ich innerlich schon wusste.

Der Zeitrahmen wurde konkreter und dann stand auch der Termin ihrer Abreise fest; Mitte Juni.

Mit diesem Termin kamen weitere, denn es gab noch manche Dinge, die wir gemeinsam unternehmen wollten, wie z.B. ein Frauenwochenende in Nungwi.

Aber dann passierte dieser heftige Unfall und manche Zeitpläne wurden durcheinander gebracht… nachhaltig! Seit Montagabend wissen wir nun, dass der große Zeh von Evy operativ behandelt werden muss. Die erlittene Verbrennung ist stellenweise 3. Grades, was selbständig nicht heilen wird. Ihre Versicherung hat ziemlich Druck gemacht und nach Rücksprache mit weiteren Ärzten und einem Fachmann aus Dar haben sie sich dazu durchgerungen, 3 Wochen früher als geplant nach Hause zu fliegen (mehr Infos dazu auf Roxannes Blog).

Die letzte Woche war für uns alle nicht leicht; eine Berg- und Talfahrt der Emotionen. Zum einen steht der Abschied nun so unmittelbar bevor und man will doch gar nicht, dass diese Veränderung tatsächlich eintritt. Zum anderen sind die Vorwehen dieses Ereignisses für das ganze Umfeld seit längerem deutlich zu spüren und eine leise Stimme in mir drin spricht das Verlangen aus: lass den ganzen Rummel doch einfach schon vorbei sein!

Nun mussten zügig die ganzen Termine für die vielen Abschiedsfeste neu gelegt, die Einladungen gedruckt und verteilt werden. Die Haushaltsauflösung und das Packen laufen auf Hochtouren – wir helfen, wo Hilfe benötigt wird.

Die kommende Woche wird unsere letzte gemeinsame sein… Diese Tatsache steht im Raum, aber ist für mich bisher überwiegend nicht greifbar! In gewisser Weise will ich darüber auch gar nicht so genau nachdenken, denn es tut weh! Ich spüre diesen drückenden Schmerz in meiner Brust, überwältigend, tief, unangenehm,schwer zu fassen und zu beschreiben. Wirre Gedanken rasen durch meinen Kopf, vieles muss noch vorbereitet und organisiert, Abschiedsgeschenke produziert, Bilder zusammengestellt, Essen bestellt werden… und nebenher läuft der normale Alltag weiter. Naja, nicht ganz so normal, denn wir haben aktuell auch noch Besuch von Dominic und Sandra mit ihren zwei süßen Kindern und Ha-Di ist für einen kurzen Abstecher in Deutschland, da sein jüngster Bruder heiratet.

Draußen wechselt kurzer Sonnenschein mit Regenschauer – wobei momentan zweiteres die eindeutige Oberhand hat.

Es war erst Anfang Dezember, als wir schweren Herzens unsere liebgewonnenen, britischen Teamkollegen in die Heimat haben ziehen lassen. Allmählich hat man sich an die Umstellung gewöhnt und schon soll der ABSCHIED weiter gehen?! Keiner scheint zu fragen, ob mein Herz dazu bereit ist.

Hinter uns liegen dreieinhalb gemeinsame Jahre. Wir haben viel zusammen erlebt, gelacht, geweint, Höhen und Tiefen durchgestanden, phasenweise die Köpfe kräftig übereinander geschüttelt und leider auch zusammen gestoßen. Wir haben viel miteinander und wohl noch mehr über- und voneinander gelernt, sind sensibler geworden für das kulturelle Erbe, das jeder Mensch so bei sich trägt, haben uns über all dem schätzen und lieben gelernt, uns in unserer Andersartigkeit ergänzt und sind nicht nur älter, sondern vor allem auch reifer geworden.  Der gemeinsame Erlebnisschatz ist bunt und vielseitig, lebendig und reich.

Wir sind dankbar für die Zeit, die wir zusammen haben durften.

Aber jeder Abschied ist ein kleiner Tod. Wir waren für eine bestimmte Zeit füreinander Wegbegleiter, Tröster, Freund und Helfer. Nun geht die Reise weiter – für jeden von uns an einem anderen Ort.

In all den Jahren hier haben wir schon viele Menschen kommen und gehen sehen. Und es ist nicht immer leicht, zurück zu bleiben. Aber ich hoffe dennoch, dass trotz allem Schmerz und aller Trauer, welche unser Leben hier unausweichlich mit sich bringt, mein Herz weiterhin dazu bereit sein wird, zu lieben.

„Es ist besser, Liebe empfunden und Verlust erlitten zu haben, als nie geliebt zu haben.“

                                                                                                            Alfred Lord Tennyson

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