Vor 50 Jahren…

… haben sich meine Eltern das JA-Wort gegeben.

Der nebelverhangene Morgen erforderte geduldiges Vertrauen, denn als sich jener nach einigen Stunden lichtete, hatte der Samstag für einen 3. November überraschend viel Sonnenschein im Gepäck.

Die kirchliche Trauung fand im Wohnort meiner Mutter statt. Da ihr Elternhaus nur wenige Gehminuten von der Kirche entfernt lag, gab es einen für die damalige Zeit üblichen Hochzeitszug. Ich weiß nicht, ob sich dafür tatsächlich die gesamte Hochzeitsgesellschaft aufgereiht hatte, aber zumindest all jene, die zur Verwandtschaft und den engen Freunden zählten, zogen paarweise Richtung Kirche. Das Brautpaar mittendrin.

Kleidung und Haarschnitte sind sehr offenkundige Zeitzeugen: wir befinden uns eindeutig in den frühen 70iger Jahren.

Nach der Trauung wartet zur Überraschung meiner Mutter eine wunderschöne Kutsche auf das Brautpaar. In der Bildmitte stehen die Eltern meines Vaters und rechts die Eltern meiner Mutter.

Die anschließende Feier fand im nahegelegenen ev. Gemeindehaus statt. Wer hätte damals damit gerechnet, dass wir knappe 28 Jahre später in eben diesem unsere Hochzeit feiern würden?!

Auch wenn es am heutigen Tag leider kein feierliches Gedenken in Form eine Goldenen Hochzeit in unserer Familie geben wird, so verspüre ich in meinem Herz dennoch viel Dankbarkeit und Freude.

Diese Hochzeit war der offizielle Beginn ihrer Ehe und damit der Grundstein einer stetig wachsenden Familie. Diese zwei Menschen haben ein Zuhause geschaffen für fünf neue Erdenbürger – auch wenn das meiner Meinung nach viel zu lange gedauert hat, bis ich endlich nicht mehr allein mit meinen Eltern war. Aber das ist ein anderes Thema.

An diesem Tag wurde etwas gepflanzt, das konstant und in seiner ganz eigenen, unvergleichlichen Weise gewachsen ist. Natürlich gab es die ein oder andere Herausforderung, die der Alltag und das Leben eben so mit sich bringen, es gab Schicksalsschläge und Verluste, sowie Zeiten schwerer Krankheit und der viel zu frühe Tod meiner Mutter.

Und dennoch bin ich heute vor allem dankbar für die vielen bunten Früchte dieser Ehe. Ich bin dankbar für das, was wir Kinder durch unsere Eltern geschenkt bekommen haben – durch ihr Vorbild, durch ihre Hingabe, durch ihre Liebe und Fürsorge, durch ihre Erziehung und ihren Entschluss, zu lieben und zu dienen.

Immer wieder entdecke ich dieses Erbe in meinen eigenen Leben, bei meinen Geschwistern und darüber hinaus auch im Leben meiner und ihrer Kinder: dieses eine Lächeln, eine bestimmte Körperhaltung, ein Ausspruch, die wilde Augenbraue, die Freude am Handwerken, ein Kniff zur Alltagsbewältigung und vieles mehr. Es ist nicht immer offenkundig… aber ich weiß, dass das Erbe überreich ist!

Ich sehe viele Dinge, die schon in meiner Mutter geschlummert haben. Einiges davon kam in ihrem Leben zeitweise zum Vorschein, einiges strahlt bis heute als wertvoller Schatz, aber so manches blieb auch unter der Oberfläche verborgen und fand nie den Raum, um keimen und in voller Schönheit aufblühen zu können… und dennoch erstreckt sich vor mir diese wunderschöne große und buten Wiese an Lebensfreude, Kreativität und Schöpferkraft, weil diese Keimlinge weitergetragen wurde und inzwischen eine Vielzahl davon in den folgenden Generationen zum Blühen gekommen sind und noch kommen werden.

Liebe Mama, lieber Papa

Danke für das JA, das ihr euch an diesem Novembertag gegeben habt!

Danke, dass ihr in all den gemeinsamen Jahren treu an diesem Versprechen festgehalten habt, auch wenn der Weg teilweise steinig und steil war, wenn es ungeahnten Schwierigkeiten und ungeplante Wendungen gab. Ihr habt euch gehalten und damit auch uns Kinder Halt gegeben.

Danke für die Liebe, Fürsorge und Beständigkeit, die ihr uns gegeben habt und bis heute noch gebt.

Danke für die vielen kleinen und großen Dinge, die wir von euch und durch euch erlernt haben, wo ihr uns Fertigkeiten beigebracht, Werte und Haltungen vermittelt und die Kunst der Gewissenhaftigkeit und Ausdauer vorgelebt habt.

Danke für all eure Gebete und den Schatz des Glaubens, den ihr vor uns ausgebreitet und großzügig ausgeteilt habt.

Ihr habt uns im Alltag gezeigt, wie viel Segen aus Dienen erwachsen kann und dass man seine Zeit, persönliche Begabungen, Finanzen und sonstige Ressourcen nicht verschwendet, wenn man sie teilt.

Ihr habt durch unvergessliche Urlaubszeiten die Liebe zum Meer in uns erweckt und uns die Freude an Gemeinschaft mit Gleichgesinnten erleben lassen.

Danke für das Vertrauen, Zutrauen und Loslassen, womit ihr uns beschenkt habt… es war mit Sicherheit nicht immer leicht, uns Kinder ziehen zu lassen; vor allem, als es für einige von uns in fremde Länder und ferne Kontinente ging.

DANKE

Ich habe euch lieb!

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