Wir sind eingeladen

Wir folgen unserem langjährigen Freund durch das Labyrinth der sandigen Nebenstraßen; er auf seinem Pikipiki (kleines Motorrad) und wir in unserem Auto. Als der Weg immer enger und unwegsamer wird, parken wir. Er kommt mit seinem Pikipiki bis zur Veranda des kleinen Hauses, in dem er mit seiner Frau und den Zwillingen wohnt.

Wir begrüßen uns herzlich und werden ins Haus gebeten. Zögerlich setzen sich die Kinder auf die Couch und warten, was nun kommen wird. Josia stöbert durch den ganzen Raum und entdeckt auch sehr schnell, dass sich hinter dem Vorhang ein Gang verbirgt, wo man auch noch weiter kann. Und schwups ist er weg!

Wir unterhalten uns ein wenig, dann bekommt Ha-Di einen Anruf und muss nochmals kurz weg. Nun sind wir Frauen mit unseren Kindern allein. Die Kleinen wollen raus, denn da gibt es nicht nur mehr Auslauf, sondern viele spannende Dinge zu entdecken. Während wir hinter den drei Kleinen herrennen, unterhalten wir uns über Haare. Wie so viele Afrikanerinnen ist sie sehr fasziniert von den schönen, langen Haaren der Kinder – vor allem von Romy. „Hast Du ihre Haare seit der Geburt denn jemals geschnitten?“, so ihre Frage. Als ich ihr sage, dass wir sie schon sehr oft geschnitten haben, nimmt die Bewunderung weiter zu, denn „meine Haare werden einfach nicht länger!“ Ich kann sie gut verstehen, da es mir mit meiner Kopfwolle recht ähnlich geht. Natürlich wachsen meine Haare, und auch ihre. Aber durch die völlig andere Haarstruktur und die Trockenheit der Haare, brechen sie leider viel leichter ab und es ist wirklich ein großer Aufwand, wenn man sie wachsen lassen möchte.

Josia zeigt sich mal wieder von seiner Bully-Seite. Ich hab keine Ahnung, woher er das hat und warum er sich gegenüber Kindern, die auf seiner Augenhöher oder kleiner sind, so extrem unfreundlich benimmt. Er schupst, zieht an Kleidung und Haaren – wenn welche vorhanden sind – zwickt und schlägt. Und wenn er mit den Händen nicht ran kommt, weil man sie z.B. fest hält, dann versucht er es eben mit den Beinen. Er lässt keine Gelegenheit aus, und ein paar Mal sind die kleinen Mädels den Tränen nahe, weil ich leider zu langsam war, um ihn davon abzuhalten.

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Die Männer kommen zurück und wir gehen ins Haus, wo kurz darauf die ersten Anzeichen fürs Abendessen auftauchen: Geschirr und eine Schüssel mit Krug zum Händewaschen. Die Töpfe und frisches Obst werden aufgetragen und dann beginnt das Händewaschen. Die Kinder sind erleichtert, dass es auch Löffel gibt.

Natürlich gibt es Reis, aber alle lassen sich etwas davon auf ihren Teller geben. Es wird fürs Essen gedankt und dann geht es los. Josia kann es kaum erwarten und ist überglücklich. Joel ebenso. Nach wenigen Bissen sagt er: „Oh, das schmeckt soooo gut! Viel besser als bei uns Zuhause.“

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Ha-Di übersetzt und alle lachen. Die Frau des Hauses freut sich und lädt Joel dazu ein, künftig jeden Tag bei ihr zu essen 🙂

Dann gibt es noch leckeren, selbstgemachten Fruchtsaft und als alle satt sind werden erneut die Hände gewaschen. Ha-Di erzählt davon, wie wichtig es für Kinder ist, dass der Alltag eine regelmäßige Struktur hat und wie wir abends immer zu bestimmten Zeiten die Kinder ins Bett bringen. Und kurz darauf verabschieden wir uns auch schon. Inzwischen ist es dunkel geworden. Der Vollmond erhellt den Weg.

Auf dem Heimweg kommt von Ha-Di: „Warum machen wir das eigentlich so selten?“

Weil es so befremdend ist

weil es anstrengend ist… – oh ja, das ist es! Denn gefühlt war da immer mindestens ein Kind von uns, das wild durch die Gegend getobt ist oder unermüdlich am Klettern war und man Angst haben musste, dass gleich etwas von den spärlichen Einrichtungsgegenständen zu Bruch geht

weil die Kinder schon beim Betreten des Hauses fragen >Wann gehen wir wieder nach Hause?< und diese Frage gefühlt alle 5min wiederholen.

weil wir nicht wissen, wie man sich angemessen benimmt und was von uns erwartet wird

weil wir kaum was verstehen und uns somit nur ganz bedingt an der Unterhaltung beteiligen können – ja, auch das ist leider sehr wahr! Was für Ha-Di die zweite Muttersprache ist, hält sich für den Rest der Familie weitestgehend im Dunst der Unverständlichkeit verborgen

weil wir keine Zeit haben – vielleicht sollte man hier besser sagen, weil wir uns die Zeit dafür nicht nehmen bzw. die Tage so angefüllt sind mit anderen Dinge, dass dafür weder Zeit noch Energie bleibt. Wenn wir nicht bewusst planen, dann kommen gerade die bedeutsamen Dinge viel zu kurz.

Diese Liste ist bei weitem nicht vollständig, denn es gibt noch so viel mehr Gründe. Aber letztlich ist es keiner davon wert, eine liebevolle Einladung nicht von Herzen gerne anzunehmen.

Es war ein schöner Abend!

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