Advent, Advent, die Zeit, die rennt…

Ich bin gefühlt schon gänzlich ungebremst in den Dezember geplumpst. Und nun ist vom letzten Monat des Jahres nur noch eine Woche übrig – also quasi nichts mehr. Die Adventskalender sind vollständig geleert und der Advent damit offiziell vorüber. Aber er ist in diesem Jahr auch extrem kurz ausgefallen, da Heilig Abend und der 4. Adventssonntag auf den gleichen Tag fallen.

Alle Jahre wieder frage ich mich, was ich aktiv dazu beitragen kann, um diese Zeit des Jahres bewusster zu leben. Schließlich ist sie mir bedeutsam und wertvoll. Nicht wegen dem ganzen Schnickschnack drum herum, und all dem Rummel, der veranstaltet wird. Auch davon haben wir in diesem Jahr kaum etwas mitgenommen und abbekommen.

Nein, es geht mir um die Frage, wie ich diese Zeit so füllen kann, dass ich mehr Raum schaffe für das, was Advent im Kern bedeutet. Ich brauche dafür nicht mehr Plätzchenduft, Glühwein und Lichterzauber, oder bestimmte Lieder, Filme und Aktivitäten. Ich finde all diese Dinge durchaus schön, und sie können sehr wohl ihren Teil dazu beisteuern, dass ich mich in Stimmung bringe, wie man so schön zu sagen pflegt. Aber letztlich ist all das nicht Advent und erst recht nicht Weihnachten.

Warum scheinen sich alle darum zu bemühen, diese „Weihnachtsstimmung“ zu suchen? Und was genau braucht es, damit man in besagte Stimmung kommt?

Was ich mit Gewissheit sagen kann: Weihnachten kommt; ganz gleich, ob ich in der passenden Stimmung dafür bin oder nicht! Und Weihnachten wird nicht besser, seliger oder gar fröhlicher, nur weil ich eifrig darauf bedacht war, die entsprechende Stimmung aufzubauen.

Wenn ich auf meine vergangenen Wochen zurückblicke, dann war da nur selten ein Hauch von adventlicher Stimmung. Dabei haben wir wie in den Jahren zuvor Lichterketten, Sterne, Schneeflocken und Kalender aufgehängt und letztere natürlich vorab entsprechend befüllt.

Ben und Josia waren voller Eifer dabei, als ich an einem verregneten Wochenende Ende November die große Kiste mit Weihnachtsdeko aus dem Keller geschleppt habe. Josia hat sich sogleich mit großem Eifer um den Aufbau der Krippe bemüht und Ben war auf der Suche nach einem passenden Stern für sein Zimmer. Aber diesbezüglich musste ich ihn leider enttäuschen, denn alle vorhandenen Leuchtsterne haben bereits Stammplätze. Als dann einige Zeit später die Schneeflocken am großen Fenster im Kinderzimmer tanzten, schön umringt von einer Lichterkette, war auch Ben endlich zufrieden mit dem Erscheinungsbild seines Zimmers.

Unser Zuhause wurde mit Advent bekleidet, aber mein Inneres war mit Alltag und vielen anderen Themen beschäftigt. Auch in diesem Jahr standen bei Ha-Di Reisen noch an, weshalb er den Hauptteil der Adventszeit gar nicht zu Hause verbrachte. Solche Zeiten fordern uns alle auf ihre Art heraus, auch wenn wir damit längst vertraut sind und eine gewisse Routine entwickelt haben.

An Josias Verhalten hat sich deutlich gezeigt, dass er seinen Papa vermisst. Die ersten Tage waren noch relativ normal, aber ab der Halbzeit seiner Abwesenheit wurde Josias Schlaf wesentlich unruhiger, er war fast in jeder Nacht mehrfach wach und hat nach mir gerufen. Beim Aufstehen am Morgen war das Thema Nr. 1 die Frage, ob Papa nun wieder daheim sei. Und nach gut einer Woche wollte Josia nicht einmal mehr in seinen Schulbus einsteigen. Jeden Morgen fanden kleine und teils auch größere Machtkämpfe zwischen uns beiden statt, angefangen beim Anziehen, bis hin zu der Frage, ob man morgens wirklich aufs Klo gehen muss und der völligen Verweigerung, das Haus zu verlassen. Zeitweise musste ich ihn fast zum Bus tragen. Es war äußerst anstrengend für mich und mit Sicherheit auch für ihn.

Als der Papa Mitte Dezember endlich aus Afrika zurück kam, war die Freude bei allen riesig! Leider musste er drei Tage später zu seiner nächsten Reise aufbrechen. Diesmal war er zwar nur für drei Nächte außer Haus, aber als er gesundheitlich angeschlagen zurückkam, was das für uns alle doof, denn damit fiel die erhoffte Entlastung natürlich weg.

Dann wäre da noch die Sache mit den Weihnachtsmärkten. Wegen Ha-Dis umfangreicher Abwesenheit war mir vorab schon klar, dass wir daraus eher kein Familienevent gestalten werden und ich mich einfach mal mit den zwei Jungs alleine auf den Weg machen würde. Aber dann gab es da dieses undefinierbare Wetter, das uns leider an vielen Tagen beschert war: extrem wechselhaft und niederschlagstechnisch völlig unberechenbar, oder mit tüchtig Wind und zeitweise auch noch eisig kalt. Zumindest war das immer an den Tagen der Fall, wo es von unserer Seite aus zeitlich gepasst hätte.

Letztlich haben wir am 3. Advent für wenige Minuten den Ludwigsburger Weihnachtsmarkt gestreift, da wir an diesem Tag wegen Predigtdienst eh in der Stadt waren. Es war allerdings so brechend voll, dass wir nach einer Runde Kinderkarussell umgehende die Flucht ergriffen haben, denn die Gefahr, einen der Jungs im Getümmel zu verlieren, war nicht von der Hand zu weisen.

Eine wirklich schöne Zeit hatten wir am Abend davor. Wir waren zu Besuch bei Freunden im Schwarzwald und haben auf dem Weg nach Hause noch einen kurzen Abstecher in die Altstadt von Calw gemacht. An diesem Wochenende fand dort eine Art Lichterzauber statt, wo viele Häuser mit speziellen Lichteffekten und Farbspielen beleuchtet wurden. Es war ein richtig schöner Spaziergang durch die Gassen und ein gewisser Zauber war für jeden von uns dabei.

Der Schnee kam als Punktlandung zu Beginn des Dezembers auf einen Kurzbesuch vorbei. Ben, der seit Wochen auf diesen Moment gewartet hat, musste beim Anblick der weißen Pracht unmittelbar nach dem Frühstück in den Schnee und so hatte er noch vor dem Kindergarten seinen ersten eigenständig gebauten Schneemann präsentiert.

Es schneite noch ein bisschen mehr und so ging es für uns drei am Samstag tatsächlich auf die Schlitten, was die Jungs sehr glücklich gemacht hat. Während mein Mann ein arbeitsintensives Wochenende bewerkstelligte – mit Seminartag am Samstag und Predigtdienst am Sonntag -, haben wir uns beim Rodeln die Nasen abgefroren.

Am Sonntagnachmittag hat sich Ha-Di mit einem Bus voller Jungs in den Schwarzwald begeben, um das Rodelvergnügen im next level zu erfahren. Sie kamen nach drei Stunden glücklich und zufrieden wieder. Für den Mann und mich ging es anschließend direkt weiter auf die Alb, wo wir den Dienst der „gelben Engel“ übernommen haben, die sich an jenem Wochenende wohlmerklich in der absoluten Überforderung befanden. Unsere Schwägerin saß mit ihrer Freundin bereits seit über 7h auf einer Autobahnraststätte fest, weil ihr Auto Probleme mit den Bremsen hatte. Mein Mann hat das Ding wieder flott gemacht – und das bei Minus 8 Grad mitten im Schneematsch, was sein Knie gar nicht gut fand!

Um auf Nummer Sicher zu gehen, ist er dann mit ihrem Auto gefahren, während Schwägerin und Freundin bei mir mitkamen. Wegen Nebel wurde die Autobahn auf 60km beschränkt, weshalb sich die Rückreise ziemlich gezogen hat. Die beiden Damen haben dann aufgrund der fortgeschrittenen Zeit bei uns einige Stunden geschlafen, bevor sie sich am frühen Morgen dem restlichen Stück Heimweg in den Ruhrpott angenommen haben.

Am nächsten Tag ging es für Ha-Di vollbepackt nach Sansibar zu seinem vorerst letzten Einsatz, denn sein Projekt wird nun beendet.

Josia feiert seine erste eigene Lampe fürs Bett

In unserem Haus lief in den vergangenen Wochen eindeutig zu wenig Weihnachtsmusik und vermutlich wurde auch viel zu wenig gebacken. Die Kerzen brannten auch nicht jeden Tag und ich habe die meiste Zeit kaum an Weihnachten gedacht. Und das lag zu einem großen Teil daran, dass eine ältere Frau aus meinem Bekanntenkreis seit Mitte November im Krankenhaus liegt und zeitweise in einem sehr kritischen Zustand war.

Ich staune des Öfteren darüber, wie ich manchmal in gewisse Dinge hineinstolpere, womit ich so gar nicht gerechnet habe. Also das hier ist definitiv so eine Sache, und ich kann nicht mal genau sagen, wann und wo die Geschichte ihren Anfang genommen hat, nur das ich jetzt mittendrin bin.

So kam es, dass ich in den letzten Wochen überraschend viele Stunden mit Fahrdiensten, Krankenhausbesuchen und WhatsApp Nachrichten zugebracht habe und mir durch all dies zwei Menschen in besonderer Weise ans Herz gewachsen sind. Diese Adventzeit war nicht nur für besagte Frau und ihren Sohn sehr besonders und vermutlich auch unvergesslich, sondern auch für mich.

Während ich meine Runden betend ums Krankenhaus gedreht habe, mal bei Sonnenschein, mal bei Wind und Regen, mal im Schnee, mal im Matsch, kümmerte sich Romy um die zwei Jungs. Sie haben gespielt, gebacken, gebaut, gemeinsam Sport gemacht und vieles mehr.

Und zwischendurch habe ich, wenn die Zeit es zugelassen hat, schnell ein oder zwei Geschenke verpackt und im Keller versteckt, ein paar kleine Kartengrüße verfasst und mit frischer Vanille bestückt, Nüsse gebrannt, Dankesgrüße an die Lehrerschaft von Josia verfasst und manch schweren Brief geschrieben.

Mir war schon lange nicht mehr, oder vielleicht sogar noch nie, so präsent wie momentan, dass gerade die Weihnachtsfeiertage für einige Menschen eine unfassbar große Hürde bzw ein tiefes, schwarzes und absolut unberechenbares Loch darstellen, welches man nur irgendwie überstehen und durchschreiten muss, und wo jedoch jeglicher Plan, wie das überhaupt möglich ist, fehlt.

Wie soll man das Fest der Liebe im Kreis der Familie feiern, wenn da für immer ein Platz verwaist ist, wenn ein Paar strahlende Kinderaugen fehlen, wenn all die vertrauten und liebgewonnen Traditionen leer und bedeutungslos erscheinen und sich der Mantel der Trauer so eng um einen herum zuschnürt, dass kaum ein Atemzug mehr möglich ist?!

Ich sende ein paar Worte der Anteilnahme, spreche Gebete und bin zumindest in Gedanken bei den betroffenen Familien, für die es das erste Weihnachtsfest sein wird, wo jemand aus der Familie fehlt…

Ich fühle mit meinem Bekannten aus Jugendtagen und seiner kranken Mama, die die Feiertage nun leider doch nicht wie erhofft zusammen im vertrauten Zuhause verbringen können, da sie noch immer im Krankenhaus liegen muss. Immerhin geht es ihr deutlich besser…

… mehr kann ich nicht tun.

Und dann war er auch schon da, der Heilige Abend mitten in unserem unheiligen und unfertigen Leben. Wir feiern die Geburt von Gottes Sohn, dessen Ankunft alles andere als gut vorbereitet und von der Welt in dieser Form erwartet war.

Erwarte ich meinen Heiland?

Ein Kommentar

  1. liebe Doro,
    wie immer wenn ich es mal schaffe auf den blog zu gehen – überfällt mich Sehnsucht nach euch, nach dem „vollen Leben“ mit allen leuchtenden – und Schatten-seiten. Danke für deine ehrliche Art zu schreiben, es fast bildlich zu machen (und natürlich die vielen tollen Bilder!)
    DANKE!

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