Freuet euch, das Grab ist leer!

„… ER ist auferstanden. Dem Tode ist die Macht genommen! Jesus ist der Herr, Jesus ist der Herr“ *

Dass man am Ostersonntag im Gottesdienst vom leeren Grab und der Auferstehung hört, ist naheliegend. Diese zentrale Wahrheit ist schließlich Kernpunkt des christlichen Glaubens. Und obgleich ich schon von

Als unser Pastor in seiner Predigt unter anderem über den Tod seines Vaters geredet hat, sind meine Gedanken unweigerlich zu meiner Mutter abgewandert. Da ich gerade mal etwas mehr als 30 Stunden vor ihrem Tod in Deutschland eingetroffen bin, habe ich ihre letzten Wochen nicht direkt miterleben können. Faktisch gesehen blieb für uns keine Zeit, um richtig Abschied zu nehmen. Aber selbst für den Rest meiner Herkunftsfamilie blieb dieser Bereich nahezu unangetastet, weil sich meine Mutter von sich aus nicht offen damit auseinander setzten wollte.

So hatte sie auch keinerlei Wünsche bezüglich ihrer Beerdigung geäußert. Als wir uns dann plötzlich mit all diesen Dingen auseinandersetzen mussten, standen wir mitten im undurchdringlichen Dschungel, völlig planlos, wohin die Reise uns bringen würde und was man überhaupt alles bedenken sollte…

Erst kürzlich habe ich mich während einer längeren Autofahrt mit zwei meiner Schwestern über diese sehr speziellen Tage nach dem Tod meiner Mutter unterhalten. Es war ein sehr interessantes und auch aufschlussreiches Gespräch. So viele Dinge sind in den wenigen Tagen zwischen ihrem Tod und der Beerdigung passiert. Und obwohl wir damals bis auf meinen Bruder alle unter einem Dach gewohnt haben, haben wir viele Dinge nicht direkt mitbekommen. Irgendwie waren wir wohl alle in unserer eigenen „Blase“ gefangen…?!

So ist mir gänzlich entgangen, dass meine zwei jüngsten Schwestern einen Großteil unserer nahen Verwandtschaft telefonisch über den Tod informiert haben und bei diesen Gesprächen nicht selten diejenigen waren, die der Person am anderen Ende der Leitung tröstende Worte zugesprochen haben.

Ich habe mich um die Todesanzeige, all die Adressen für den Postversand und das Verschicken der Karten bemüht. Im gemeinsamen Gespräch haben wir Ideen für die Dekoration, den Gottesdienstablauf und mögliche Inhalte der Predigt erörtert. Und immer wieder keimte der Gedanke in mir auf, dass es schon auch hilfreich gewesen wäre, wenn meine Mutter vorab den ein oder anderen Wunsch geäußert hätte. Was für Lieder sollen gesungen werden? Welche Kleidung soll sie tragen? Gibt es Dinge, die ihr wichtig waren oder eben auch Sachen, die sie absolut nicht will?

Manches konnte man erahnen. Manches fügte sich wie von selbst, als wir miteinander im Gespräch waren, manches musste errungen werden… und dann war es tatsächlich so, dass jeder seinen Teil dazu beigetragen hat, dass die Feier in ihrer Art besonders und einzigartig war.

Das Grab ist leer – und zwar nicht nur das Grab Jesu am Ostermorgen!

Wir selbst haben diese Wahrheit in der Todesanzeige unserer Mutter angedeutet, da wir uns ganz bewusst für das Bild vom leeren Kokon entschieden haben. Der Kokon hat seinen Zweck erfüllt und ist nun leer, ganz ohne Leben.

Aber wer richtet seinen Blick schon auf den Kokon, wenn sich direkt daneben ein wunderschöner, zarter Schmetterling entfaltet?

Wer trauert schon der Raupe nach, oder diesem unspektakulären Kokon?

Das Neue ist so viel schöner und bringt Leben in einer ganz anderen Dimension mit sich. Leicht sein wie eine Feder, von Blüte zu Blüte tanzend unterwegs, farbenfroh, filigran, zerbrechlich und zugleich so kräftig und zielstrebig…

Also ich finde Schmetterlinge wirklich wunderschön und unglaublich faszinierend.

Und ich liebe dieses Bild, da es ein Hoffnungsträger für mich ist. Nach ihrem Tod noch mehr denn je.

Ich bin wirklich kein Held, wenn es um die Grabpflege geht. Aber ich war auch noch nie mit einem „grünen Daumen“ gesegnet. Keine Ahnung, woran das liegt und warum bei mir nur die wirklich robusten und unempfindlichen Pflanzen eine Zukunft haben.

Aber für mich steht absolut fest, dass meine Mutter nicht an diesem Platz ist, auch wenn sich hier nach außen sichtbar und offiziell ihre letzte Ruhestätte befindet. Und sie hätte definitiv nichts davon, wenn wir aus ihrem Grab einen kleinen Schrein machen, eine heilige Pilgerstätte mit Schönheit und Glanz.

Ich erinnere mich an eine recht eigenartige Unterhaltung via Whatsapp mit meiner Tante (Schwester meiner Mutter), die inzwischen zwei Jahre zurück liegt. Es ging um die Frage, ob wir Geschwister am Geburtstag meiner Mutter einen Blumenstrauß aufs Grab leben werden. Aus dem Verlauf der Unterhaltung ging klar hervor, dass wir nicht an sie denken würden, wenn wir das nicht machen.

Lässt sich an so einer Tat bzw. am generellen Standard der Grabpflege ableiten, wie innig und gut die Beziehung zum Verstorbenen war, wie nahe einem diese Person gestanden hat und wie intensiv man an sie denkt? Woher kommt dieses Denken, das tatsächlich in den Köpfen etlicher Menschen tief verankert ist – vor allem in meinem Verwandtschaftsumfeld?

Mich hat diese Frage immer und immer wieder bewegt. Meine Oma hat deshalb schon manch unschönen Konflikt angefeuert, was teils echt verletzend war. Ihre Aussagen vermittelten Unterstellungen, die so nicht zutreffend sind.

Es ist eben wie bei vielen Dingen im Leben, wo es kein eindeutiges RICHTIG oder FALSCH gibt. Sinnbildlich gesprochen kann man sagen, dass die große Kunst darin besteht, sich auf dem Pferd zu halten und weder links noch rechts von dessen Rücken zu fallen. Je nach Pferd ist diese Herausforderung sehr unterschiedlich und vom Bild her gesehen grundsätzlich leichter gesagt als im Leben tatsächlich gelebt.

Wenn ich etwas nur deshalb mache, weil andere es von mir erwarten bzw. weil sie mich mit ihrer ausgesprochenen – und manchmal sogar unausgesprochenen – Erwartungshaltung indirekt dazu zwingen, dann fühlt sich das für mich nicht richtig. In einem solchen Fall stellt sich mir dann die Frage, für wen ich das nun eigentlich mache? Geht es mir wirklich um meine Mutter, oder um die Zufriedenstellung der Tante, Oma oder sonst jemandem?

Ich bin dankbar, dass meine zwei jüngsten Schwestern sich seit geraumer Zeit der Grabpflege vertrauensvoll angenommen haben. Ich leiste meinen kleinen Beitrag, indem ich immer mal wieder das Laub sowie die verblühten Rest entferne und in der heißen Jahreszeit regelmäßig die Gießkanne schwinge.

Obwohl ich wirklich oft über den Friedhof laufe, so führt mein Weg nur selten an ihrem Grab vorbei. Es liegt leider abseits meiner festen Wegstrecke und ist mit dem Rad an der Hand nur auf Umwegen zu erreichen. Aber ich muss auch nicht ihr Grab besuchen, um an sie denken zu können oder mich mit ihr verbunden zu fühlen. Sie ist schließlich nicht dort an diesem Platz, wo ihr Name steht.

*Text und Melodie von Gerhard Schnitter

2 Kommentare

  1. Hallo Doro, wieder mal bin ich voll bei dir, wenn du deiner verstorbenen besser gesagt heimgegangenen Mutter gedenkst. Ich fühle da genauso wie du und kann dich sehr gut verstehen. Bei mir ist es sogar so, dass ich Probleme bekomme, wenn ich am Grab stehen würde, weil dann mein Kopfkino einsetzen würde, wie es da unten in dem Grab inzwischen aussieht. …… Nein, für mich ist das Grab auch kein Ort, um meiner Mutter zu gedenken. Aber im täglichen Leben, da rede ich in Gedanken noch viel mit meiner Mutter auch nach 8 Jahren noch. Und das beste ist das Wissen, im Grab liegt nur ihre Hülle, die ihr hier für die Zeit auf Erden geschenkt war, aber sie, die Person – die Seele – meiner Mutter, die ist im Paradies, bei ihrem Herrn und Heiland und das dann kann ich mich sogar freuen, dass es ihr dort wohl geht.
    Ganz liebe Grüsse aus Wermelskirchen
    Renate Bäcker

    1. Author

      Liebe Renate
      Herzlichen Dank für die liebe Rückmeldung.
      Liebe Grüße
      Doro

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