Meine erste Fahrt im Krankenwagen

Ich schlag mir mal wieder unfreiwillig die Nächte um die Ohren. Auch jetzt würde ich viel lieber dem übermächtigen Verlangen nach Schlaf nachgeben, aber das geht noch nicht. Und wer weiß, wie viel Schlaf die kommende Nacht mit sich bringen wird.

Es blubbert und rauscht mal wieder direkt neben mir, denn mein Kleiner hängt seit kurzem am Sauerstoff. Eigentlich war unser Bedarf an Krankenhaus schon zu Beginn des Jahres mehr als ausreichend abgedeckt. Wenn allerdings kein Weg daran vorbei führt, ist es doch auch eine gute Sache, dass wir diese Möglichkeit überhaupt haben. Und dazu noch so nah!

Es ist schwer zu sagen, wann und wie die Geschichte diesmal ihren Anfang nahm. Genau betrachtet gab es nur ganz wenige Tage, wo Josia von außen her gesehen komplett gesund war. Und das war, kurz nach unserer Zeit im Krankenhaus. Sehr bald ist ein leichter Schnupfen eingezogen. Kaum war Josia im Kindergarten wurde der Schnupfen Zusehens stärker und der Husten gesellte sich dazu. Ein kleines Update darüber gab es dazu bereits. Ende Januar bin ich mit ihm zum Kinderarzt, um diesem Husten etwas auf die Spur zu kommen. Die Lunge war frei und soweit alles gut. Ab da haben wir ihm zur Unterstützung  zweimal täglich sein Kortisonspray verabreicht. Auf Sansibar hatten wir damit echt gute Erfahrung gemacht. Sein Zustand blieb weitestgehend unverändert.

Letzten Mittwoch kam Joel von der Schule nach Hause und klagte über Kopfschmerzen und Müdigkeit. Zum Abend hin hatte er dann über 38,5 Fieber. Das hielt sich mit leichten Schwankungen für die nächsten +24h und zum Ausklang kam der Husten. Lästig, aber längst nicht so schlimm, wie damals kurz nach Weihnachten. Nach zwei Tagen daheim und dann noch zwei Tagen Wochenende war er am Montag wieder reif für die Schule.

Zurück zu Josia. Ab der Wochenmitte wurde sein Husten deutlich schlimmer – die Häufigkeit und auch die Art des Hustens. Das hat sich natürlich unmittelbar auf die Nächte ausgewirkt. Josia war sehr unruhig und ich bin zeitweise für einige Stunden am Stück nicht über den Dämmerschlaf hinweg gekommen.

Die Woche brachte einige Termine außer der Reihe mit sich – unter anderem zwei Eltern- und einen Schulinformationsabend. Letzteren habe ich von meiner Liste gestrichen, in der Hoffnung, die benötigen Infos über die Internetseite der Schule ausfindig machen zu können. Elternabend Nr 1 musste ich früher verlassen, um meine zwei Großen vom Training abzuholen und bei Elternabend Nr 2 kam ich wegen Joels Training leider zu spät. Dummerweise bin ich dann auch noch in der falschen Info-Gruppe gelandet. Kann schon passieren, wenn man nicht pünktlich ist und die Veranstaltungen nur mangelhaft bis gar nicht ausgeschildert sind. Nun weiß ich immerhin schon darüber Bescheid, was meine Kinder dann im Klasse 9 erwarten wird.

An diesem Abend ging es Josia nicht so gut. Er hatte am Spätnachmittag erhöhte Temperatur und war einfach sichtlich schlapp. Nach den Nächten auch kein Wunder, dachte ich mir. Aber mein Frühwarnsystem war erwacht. Als ich vom Elternabend zurückkam, war er friedlich am Schlafen und auch nicht mehr extrem heiß. Knapp zwei Stunden zuvor hatte er über 38,5 Temperatur.

Meine erste Aktion war die Sauerstoffsättigung zu prüfen. Seinem Atem war schon wieder knisternd, wie damals, als wir mit ihm ins Krankenhaus gekommen sind. Die Werte waren niedrig, aber noch nicht im roten Bereich. Da er sehr unruhig war im Schlaf, konnte ich nur schwer messen. Zugleich habe ich HaDi darüber in Kenntnis gesetzt, dass es Josia deutlich schlechter geht. Die nächsten vier Stunden ging es hin und her – alles via Whatsapp, da er ja noch in England war. Ich hab gemessen, Nasenspray verabreicht, ihn hoch gelagert, immer wieder die Arme bewegt und mein Glück mit Josias Spray versucht. Aber er war selbst schlafend auf große Abwehr eingestellt und alles andere als kooperativ. Wecken wollte ich ihn ja auch nicht unnötig.

Die Werte sind weiter gefallen und als sie konstant unter 90% waren, habe ich angefangen zu packen. Ein paar Kleinigkeiten für mich, ein paar für ihn, die nötigen Unterlagen aus seiner Krankenakte, sein Krankenkassenkärtchten, Computer und alles was man fürs Bad so braucht. Ich bin zu meiner Schwester nach oben, damit sie Bescheid weiß wegen der Kinder und habe anschließend den Krankenwagen gerufen. Es war inzwischen schon 2 Uhr. Schon bald darauf traf der Krankenwagen ein und nach einer kurzen Untersuchung des Kleinen wurden wir „verladen“. Josia war wach und gar nicht begeistert, als er das große „TüTa“ vor unserem Haus entdeckt hat. Er hat sich aber dennoch brav auf der Liege anschnallen lassen – so lange ich seine Hand gehalten habe. Das musste ich auch die ganze Fahrt über tun.

Romy habe ich auch noch mitgenommen. Nicht wegen der Unterstützung –  wobei sie eine echte Hilfe war! – sondern wegen ihrem Termin in Ludwigsburg. Am kommenden Morgen sollten wir um 8 Uhr im SPZ sein – was glücklicherweise direkt neben dem Krankenhaus liegt. Aber ich konnte Mitten in der Nacht keinen Fahrdienst für sie auf die Beine stellen. Es war natürlich nicht gerade schön für Romy, um kurz nach 2 Uhr aufstehen und sich anziehen zu müssen. Aber sie hat es tapfer gemacht und durfte sogar vorne die tolle Aussicht im Krankenwagen genießen – und die Sitzheizung 🙂

Als wir im Begriff waren zu gehen, kam Annelie angewackelt und ist schlaftrunken aufs Klo gewandert. Kaum waren wir aus dem Haus, hatte sie noch eine kleine Krise, da ihr plötzlich eingefallen war, dass ihre Mathearbeit unterschrieben werden muss und sie morgen Mathe hat. Meine Schwester konnte ihr beruhigend versichern, dass sie eine Entschuldigung für sie schreiben wird und es sicher kein Problem sein wird mit der fehlenden Unterschrift. Und dann durfte Annelie den Rest der Nacht bei ihrer Tante im Bett verbringen, ein Angebot, das sie freudig angenommen hat!

Da wir ja kein wirklicher Notfall waren, saßen wir noch recht lange im Untersuchungszimmer, bis endlich jemand nach uns geschaut hat. Zuerst die Schwester, die etliche Abstriche von Josia wollte – was er ziemlich uncool fand -, seine Temperatur und das Gewicht gemessen hat und zu allem Unglück auch noch Blut von ihm wollte. Dann kam die Ärztin und es ging weiter mit den Untersuchungen. Ohren, Hals und eine weitere Blutabnahme. Die Vigo saß beim ersten Versuch und ich war so dankbar! Hätte die Ärztin fast umarmt. Romy hatte sicherheitshalber lieber den Raum verlassen. Der Kampf um die Abstriche war ihr schon genug gewesen.

Als all dies Überstanden war wurden wir einen Stock tiefer auf unser Zimmer gebracht. Ich hab kurz die Anwesenheit von meinem zweiten – nicht kranken – Kind erläutert. Es scheint den Leuten vertraut zu sein, dass man auf Termine beim SPZ oftmals sehr lange warten muss, denn keiner hat an diesem Punkt mit Unverständnis reagiert. Aber ich wurde darauf hingewiesen, dass sie nicht für länger hier nächtigen darf. Nein, wird sie nicht – denn das will ich schließlich auch nicht!

Inzwischen war es schon fast fünf Uhr.

Wir hatten ein Zimmer für uns und Josia erstmals sogar ein großes Bett. Somit war Platz genug für uns alle. Ich hab schnell die Beistellliege bereit gemacht. Gebügelte Bettwäsche lässt sich äußerst schwer beziehen, kann ich nur sagen. Dann durfte Romy endlich ins Bett und Josia auch. Der war allerdings so aufgedreht von all dem Stress, dass nicht an schlafen zu denken war. Er hat in seinem Bett rumgeturnt und Quatsch gemacht, so dass die Nachtschwester mit warnendem Unterton angemerkt hat, dass in den Zimmern neben uns Patienten schlafen.

Irgendwann ist er dann doch noch auf mir liegend eingeschlafen. Und das alles ganz ohne zusätzlichen Sauerstoff. Seine Werte waren zwar nicht super, aber blieben stabil über 90/92.

Kurz nach 7 Uhr bin ich erwacht. Ich hätte mich liebend gerne umgedreht und weiter geschlafen, aber ich musste noch dringend diesen anstehenden Termin regeln. Romy war auch bald darauf wach und ich hab bei der Schwester nach dem Frühstück gefragt. War zwar noch keine Zeit dafür, aber sie kam kurz darauf mit einem Tablett in unser Zimmer, so dass Romy immerhin noch ein bisschen was essen konnte.

Leider wurde Josia kurz darauf auch wach, so dass ich ihn nicht bei der Schwesternschülerin lassen konnte. Also schnell alle anziehen und los ging´s. Im SPZ mussten wir eine halbe Stunde warten. Anfangs fand Josia das Wartezimmer noch spannend und fröhlich vor sich hin gespielt. Aber dann wollte er unbedingt wieder gehen. Ich hatte gehofft, dass ich Romy einfach nur abliefern kann und dann später zum Abschlussgespräch dazu komme. Meine Freundin war schon auf dem Weg zu uns, um sich dann um Josia zu kümmern. Ich sollte allerdings dabei sein. Also blieb ich, bis zur Ankunft meiner Freundin. Dann habe ich Josia zur ihr rüber gebracht und im Krankenzimmer zurück gelassen. Als wir mit allem fertig waren, konnte Romy direkt mit ihr nach Hause fahren. Sie war dafür sehr dankbar, da sie so müde war.

Meine Schwester hat zu Hause dafür gesorgt, dass die anderen drei Frühstück bekommen und rechtzeitig zur Schule gehen. Anschließend musste sie zur Arbeit. Und mein Mann konnte glücklicherweise seinen Flug umbuchen und direkt am Freitag fliegen, so dass er kurz nach 10 Uhr in Stuttgart gelandet ist.

Josia und ich haben uns derweilen im Krankenhaus „vergnügt“. Er hatte den ganzen Tag über kein Fieber mehr und kam weiterhin ohne Sauerstoffgabe aus. Wir haben gepuzzelt, gemalt, gebaut, Bücher angeschaut, im Spielzimmer Fußball und Tischfußball gespielt, die HalliGalli Klingel gestresst und natürlich gabs auch mehr Zeit für dem PC als üblich. Zwischendurch hat er brav inhaliert. Sein Mittagessen fand er nicht so klasse, aber Joghurt ging und ich hatte auch noch ein paar Kekse eingepackt – für alle Fälle eben.

Da HaDi genug mit den Terminen der anderen Kinder zu tun hatte, kam er an diesem Tag nicht mehr zu uns.

Abends durfte er noch ein kleines bisschen Film schauen und später gabs nur noch Musik. Dann ist er auch bald eingeschlafen. Aber kaum war er richtig weg, blieb ihm irgendwie auch die Luft weg. Dann war klar, dass er doch Sauerstoff benötigt. Schlauch anlegen war ein Kampf und es gab viel Gebrüll mit jede Menge „aua“ Bekundungen seinerseits. Das hatte zur Folge, dass der Schlauch nicht so super saß und Josia nun immer wieder das Ding wegzieht; entweder auf die Nase oder schräg daneben oder so verschoben, dass die Öffnungen gegen die Haut drücken. Alles nicht optimal und dementsprechend oft geht momentan der dumme Alarm an. An Schlaf ist leider noch nicht zu denken… dabei fallen mir schon beim Tippen die Augen zu!

2 Kommentare

  1. Das klingt alles nicht so schön. Wie gut, daß Hilfe da war für die anderen Kinder. Ich wünsche dem kleinen Mann gute Besserung.

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