Von Besuchszeiten, Adventsfeiern und einem runden Geburtstag

Plötzlich waren wir mitten drin im Advent und damit waren wir auch bei den obligatorischen Adventsfeiern angekommen. Sie kamen und gingen – teils mit, teils ohne uns. Ha-Di war gemeinsam mit Joel bei der Feier vom Fußballverein, die glücklicherweise direkt bei uns ums Eck stattgefunden hat. Beim Schwimmverein von Romy und Nasya gab es verschiedene Fun-Rennen, aber keine klassische Feier – die beiden waren Teil davon, der Rest der Familie nicht -, und Annelie wird am kommenden Montag auch ohne uns mit ihren Turnfreunden Plätzchen genießen.

Mittwoch hatte ich Ausgang. Erste Anlaufstelle war mein ehemaliger Arbeitsplatz. Vieles hat sich verändert und es gibt inzwischen sogar einen neuen Rektor an dieser Schule. Aber etliches ist durchaus vertraut und gefühlt unverändert geblieben. Heimatliche Wohlfühlmomente haben sich bei mir allerdings nicht eingestellt, und wirklich zugehörig komme ich mir ehrlich gesagt auch nicht vor. Das ganze Thema „Schule als Arbeitsplatz“ ist weiterhin extrem weit weg für mich.

Nachdem ich meine ganzen Unterlagen abgegeben und ein nettes Gespräch mit der Sekretärin geführt hatte, ging meine Fahrt weiter. Auch das nächste Etappenziel war eine Art Reise in die Vergangenheit für mich – und das sogar in doppelter Hinsicht. Zum einen der Ort als solcher, denn hier habe ich über Jahrzehnte hinweg mehrfach im Jahr Freizeiten erlebt. Das fühlt sich allerdings ein bisschen so an, als wäre es in einem anderen Leben gewesen. Es ist einfach so weit weg, trotz all der vielen wertvollen und unvergesslichen Erinnerungen an diese Zeit.

Seit einigen Jahren wohnt die Tante meiner Mutter in diesem kleinen Dorf. Im Herbst wurde bei ihr eine schwere Krankheit diagnostiziert und seitdem ich davon weiß, möchte ich sie eigentlich schon besuchen. Mitte Dezember wurde es endlich wahr und dafür bin ich von Herzen dankbar. Wir hatten eine sehr wertvolle Zeit zusammen und konnten über so viele Dinge reden. Sichtlich gezeichnet von ihrer Krankheit, aber dennoch so viel Herzlichkeit und Strahlen – das hat mich tief und nachhaltig beeindruckt! Wir haben noch gemeinsam zu Mittag gegessen. Unter ihrer Anleitung habe ich verschiedene Reste aufgewärmt und kurz nach dem Essen bin ich dann aufgebrochen, damit sie sich ausruhen konnte.

Ich hatte bereits die dumpfe Vorahnung, dass dies vermutlich unser letztes Treffen gewesen sein könnte – und so war es dann auch. Sie ist tatsächlich knapp zwei Wochen später Zuhause verstorben…

Und jetzt muss ich ein bisschen ausholen, um diesen Teil der Reise in die Vergangenheit ein wenig zu erläutern. Ich war nie der Typ, der gerne und oft bei anderen Leuten übernachtet hat. Was diesen Punkt angeht, kann ich meine Romy sehr gut verstehen, denn sie ist da genauso veranlagt, wie ich früher war. Folglich kann ich an einer Hand abzählen, bei welchen Leuten ich öfter und ohne elterliche Begleitung übernachtet habe: meine Großeltern mütterlicherseits, meine Kindheitsfreundin und fast Nachbarin und dann noch besagte Tante und ihre Großfamilie. Ich habe es immer besonders geliebt, dort zu sein, denn da war so viel Leben – verständlich, bei acht Kindern!

Über einige Jahre hinweg gab es Kindertausch in den Ferien. Entweder ein Teil ihrer Kinder kam zu uns für etliche Tage oder ich war dort. Egal ob hier oder dort, für mich waren diese Besuchszeiten immer etwas Besonderes! Tag und Nacht zusammen sein mit  Kindern im ähnlichen Alter und sich in endlosen Spielen regelrecht verlieren können – was braucht man mehr?! Sowas wie Langeweile kannten wir nicht – zumindest erinnere ich mich nicht daran.

Wenn ich dort war, dann habe ich das Großfamilienleben mit seinen vielfältigen Facetten genossen. Es war laut, lustig und irgendwie voll mein Ding. Essen, wie bei einer Freizeit, immer jemanden zum Spielen um sich, ein unendlich scheinender Pool an Ideen und Möglichkeiten, jede Menge Spielzeug verteilt auf mehrere Kinderzimmer und abends im Bett noch lange reden, ganz gleich, ob das Licht schon aus ist und man eigentlich schlafen sollte. Ja, ich habe es geliebt!

Nach meinem Besuch habe ich noch einen kleinen Spaziergang in einem nahegelegenen Waldstück gemacht. Ich weiß nicht, wann ich zuletzt an diesem Bach entlang gelaufen bin und die Wasserfälle bewundert habe. Die Bewegung tat gut, ebenso die frische Luft und die Ruhe. Nur das Plätschern des Baches und das Rauschen des Windes war zu hören… und meine Gedanken. Denn die waren gefühlt auch so laut, dass ich sie regelrecht hören könnte. Und wer weiß, vielleicht habe ich zeitweise sogar mit mir geredet 😉

Viele Erinnerungen kamen hoch, wie ich z.B. als verrückter Teenager eine Schlickschlacht in eben diesem Fluss durchgeführt habe, oder bei einem nächtlichen Spaziergang in vertrauter Zweisamkeit erste Funken der Verliebtheit aufflammen konnten. Und dann war da dieses übermächtige Gefühl der Trauer, verbunden mit Einsamkeit und dem starken Empfinden, dass ich als Mensch eben einfach nichts in der Hand habe. Was weiß ich schon über den morgigen Tag oder die kommende Stunde?! Trauer über den Verlust meiner Mutter und der beiden Frauen, die in meiner Kindheit auch eine Art Mutterrolle gespielt hatten. Alle drei Krebs; zwei davon waren nur knapp über 50 Jahre alt geworden…

Es gibt immer wieder Momente in meinem Leben, wo ich dieses unbeschreibliche Loch ganz deutlich spüre. Das Loch, dass der Tod gebracht hat. An diesem Nachmittag hatte ich großes Verlangen danach, gemeinsam mit meiner Mutter auf der hölzernen Bank zu sitzen, gemeinsam die wärmenden Sonnenstrahlen zu genießen, sich gemeinsam zu erinnern – denn auch sie war über Jahre hinweg regelmäßig in dieser Gegend -, gemeinsam zu lachen und vor allem ihre Gegenwart zu erleben. Zu wissen, sie ist da! Ihre Stimme zu hören und ganz zwanglos zu plaudern.

Ich vermisse sie!

Meine Weiterreise brachte diesen Anblick mit sich – und das leider für mehrere Kilometer. So kam ich ziemlich müde und abgeschlagen im Einkaufszentrum an. Ich hatte einiges auf meiner Liste stehen, was ich vor Weihnachten noch besorgen wollte. Aber wirkliche Shoppinglust verspürte ich zu diesem Zeitpunkt nicht.

Am Freitag haben wir uns dem Thema „Christbaum“ gewidmet, nur um direkt festzustellen, dass sowohl Auswahl als auch Angebot enorm sind – die Preise leider ebenso! Josia fand es zwischen all den Bäumen sehr aufregend und ist überall herumgestromert. Er hätte sich auch beinahe selbst verpackt, weil der rote Trichter so einladend für ihn aussah. Letztlich haben wir auch einen Baum erstanden und gut verpackt im Anhänger nach Hause gefahren.

Samstagmittag bin ich zusammen mit meiner Freundin und Schwester nach Ulm aufgebrochen. Wir haben einen Kurzbesuch auf dem Ulmer Weihnachtsmarkt eingelegt – das war wirklich sehr schön! Und nach gut einer Stunde ging es weiter zur 40. Feier meiner Kindheitsfreundin. Wir haben uns schon sehr lange nicht mehr gesehen, da sie seit ihrer Heirat gute 1,5h von uns entfernt wohnt. Umso schöner war es, dass wir diesen besonderen Tag mit ihr und vielen weiteren Freunden und Verwandten verbringen durften. Es war ein netter Abend und die lange Heimfahrt haben wir zum Glück ebenfalls gut und staufrei überstanden – trotz fortgeschrittener Stunde und unzähligen Baustellen.

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