Der Nestbautrieb

„Wohnung renovieren, Kinderzimmer einrichten, Babykleidung kaufen und noch rechtzeitig angefangene Projekte beenden, damit alles tiptop in Ordnung ist, wenn das Baby kommt. Diesen Drang alles schön zu haben und vorbereitet zu sein, wenn das Baby auf der Welt ist, nennt man Nestbautrieb. Er ist nicht nur ein diffuses Gefühl, sondern mittlerweile sogar wissenschaftlich belegt und untersucht.“ *

Wenn man im Internet nach diesem Begriff sucht, dann findet man darüber so manches in Foren und auf anderen Seiten. Unter anderem bin ich über obige Beschreibung auf der Seite „Rund ums Kind“ gestolpert.

Was ist dran an dieser Beschreibung?

Bei unserem ersten Kind hatte ich diesen „Nestbautreib“ auf jeden Fall. Aber es gab auch unglaublich viel, was angeschafft und vorbereiten werden musste, denn schließlich waren wir kurz davor, eine neue Lebensphase zu betreten!

Kinderwagen, Kinderbett, Kindersitz, Hochstuhl, Babykleidung… nicht alles auf einen Schlag, aber so nach und nach. Auch wenn es inzwischen an die 15 Jahre zurück liegt, kann ich mich noch gut an diese Zeit erinnern.

So viele Neuanschaffungen waren es letztlich dann doch nicht für uns, da wir viele Dinge „gebraucht“ bekommen haben. So z.B. ein Kinderbettchen von meiner Oma, das bei ihr auf dem Speicher lag.  Gleiches galt für den Stubenwagen, der schon recht alt war und bis dato schon unzählige Babys beherbergt hatte – unter anderem mich und meine Geschwister. Einen Kindersitz haben wir von meinem Schwager bekommen und die Wippe kam auch von irgendwo her. Babykleidung konnte ich teils im Keller meiner Eltern „ausgraben“ und vieles haben wir von unterschiedlichsten Seiten geliehen bekommen. Und dann kam natürlich auch noch ein Berg an Geschenken zur Geburt.

Unsere größte Neuanschaffung war damals eindeutig der Kinderwagen – und das war echt  „Arbeit“ genug, ein passendes Model zu finden! Man hat zwar manche Wünsche und Vorstellungen, aber was sich dann wirklich im Alltag bewährt und praktisch ist, zeigt sich letztlich doch erst im Einsatz.

Unser Kinderwagen hat uns in all den Jahren aber tatsächlich sehr gute Dienste geleistet und alle 5 Kinder sind darin gelegen. Auf Sansibar kam er zwar nicht mehr ganz so oft als klassischer Wagen im Außendienst zum Einsatz, sondern hauptsächlich als Bettchen, da unser Schlafzimmer im Obergeschoss war und ich die Babys über Tag meistens habe unten schlafen lassen. Bei unserer Haushaltsauflösung ist er dann weiter gezogen zu einer anderen Familie, ebenso wie unser Kinderbett, Beistellbettchen, der Wickeltisch, Babykleidung, das Badewännchen, die Stoffwindeln und sonstiger Kleinkram.

Nun aber zurück zum besagten Nestbautrieb. Als ich mit Nasya schwanger war, habe ich mit sehr viel Hingabe unser künftiges Kinderzimmer gestaltet. Ich habe die Wände gestrichen und auf einer Zimmerwand entstand ein großes, buntes Bild. Ich weiß gar nicht mehr, wie lange ich daran gepinselt habe. Aber es hat mir viel Spaß gemacht… und damals hatte ich ja auch Zeit!

Ha-Di hat einen Wickeltisch fürs Bad gezimmert. Das darf er demnächst dann nochmals machen. Aber im Augenblick ist er vollzeitlich mit dem Badumbau ausgelastet. Und ohne Bad brauchen wir auch noch keinen Wickeltisch 🙂

Ich weiß gar nicht mehr so genau, wie es damals dann bei Romy war. Aber gewisse Vorbereitungen gibt es ja doch jedes Mal, wenn sich ein Baby ankündigt. Die Babykleidung muss durchsortiert und gewaschen werden, gegebenenfalls muss auch noch Nachschub besorgt werden. Windeln hatten wir genügend von Nasya, da wir auch schon in Deutschland überwiegend mit Stoffwindeln gewickelt haben.

Bei meinen „afrikanischen“ Schwangerschaften war das mit dem Nestbautrieb eine ganz eigentümliche Sache, da ich ja eigentlich nie „daheim“ war für die Entbindungen. Das Thema Geburt war also plötzlich noch zusätzlich mit einer Reise verknüpft.

Annelie kam in Dar es Salaam auf die Welt und wir sind damals eine gute Woche vor Termin mit der Fähre aufs Festland gefahren. Wir haben bei Freunden von uns im Gästehaus gewohnt und auf die Ankunft unseres neuen Familienmitglieds gewartet. Meine Schwiegereltern kamen in der Zeit zu Besuch, was eine wertvolle und unersetzliche Unterstützung war. Annelie war gerade mal 4 Tage alt, als wir mit dem Flieger in unser Zuhause umgesiedelt sind.

Als Joel geboren wurde, waren wir in Deutschland zu Besuch. Wir haben für mehrere Monate in meinem Elternhaus gewohnt – alle fünf Personen in einem Schlafzimmer. Der Großteil meiner Geschwister hat zu diesem Zeitpunkt auch noch daheim gewohnt, und so waren wir quasi ein Mehrgenerationenhaushalt.

Bezüglich Kleidung und Co. gab es etliche Freunde und Verwandte, die uns mit Leihgaben versorgt haben, denn ganz ohne Autositz und Kinderwagen usw. ging es dann ja doch nicht. Als ich wenige Tage nach der Entbindung nach Hause kam, war mein Bruder so freundlich, mir sein Zimmer zur Verfügung zu stellen. Somit hatten ich und das Baby unser eigenes Schlafzimmer, während Ha-Di mit den restlichen Kindern im Zimmer nebenan geschlafen hat. Und gute fünf Wochen nach der Geburt sind wir dann zurück nach Sansibar geflogen.

Check-In am Frankfurter Flughafen – ja, das ist alles unser Gepäck!
Zwischenstopp in Addis Abeba

Auch Josia kam in Deutschland zur Welt. In den Wochen bis zur Geburt haben Annelie und ich ebenfalls in meinem Elternhaus gewohnt, diesmal aber im Gästezimmer meiner jüngsten Schwester. Vom Krankenhaus aus ging es direkt zu unseren Freunden. Ha-Di und die Kinder haben gemeinsam in ihrem großen Hobbykellerraum geschlafen, das Baby und ich im Zimmer ihrer ältesten Tochter, die für die kommenden 3 Wochen zu ihrem Bruder umgezogen ist. Ja, auch diesmal haben etliche Freunde und Verwandte uns mit allem Nötigen versorgt – angefangen vom Dach über dem Kopf, bis hin zur Kinderwagen, Autositz und Kleidung für die Kinder, auch die vier Großen.

Nach knapp 3 Wochen ging es für Ha-Di und drei der Kinder zurück in die Heimat; ich bin mit Josia und Annelie erst zwei Wochen später gefolgt. Die letzten Wochen haben wir wieder bei meiner Schwester im elterlichen Haus gewohnt, da Annelie dort weiterhin in den Kindergarten gehen durfte.

Unter diesen Bedingungen kam der klassische Nestbautrieb bei mir nicht wirklich zur Blüte.

Nun befinde ich mich seit 13 Jahren erstmals wieder in der Situation, dass ich direkt vom Krankenhaus in unser tatsächliches Zuhause zurückkehren kann. Keine Zwischenstationen bei Verwandten/Freunden, kein Gästebett, keine geliehene Babygrundausstattung… und dennoch fühlt es sich nicht danach an, als würde dieser Trieb so richtig von mir Besitz ergreifen.

Dabei gibt es gerade diesmal tatsächlich wieder richtig viel, was angeschafft und irgendwie organisiert werden muss. Wir hatten ja nichts mehr, das wir hätten hervor kramen können. Vielleicht noch das ein oder andere Erinnerungsstückchen, von dem ich mich nicht trennen wollte, aber damit bekommt man kein Baby langfristig gekleidet.

Kinderwagen und Beistellbettchen haben wir vor einigen Wochen gebraucht erworben, etliches an Babykleidung bekamen wir von Freunden und Bekannten geschenkt, ebenso einen Sitz fürs Auto. Vor wenigen Tagen habe ich nun endlich mal alles an Kleidung durchgewaschen und fein säuberlich zusammengelegt. Für die ersten Wochen müsste das durchaus reichen was ich da habe. Stauraum gibt es leider noch nicht dafür, also ruhen die Klamotten nun in einem Wäschekorb hier bei uns im Schlafzimmer.

Der Kinderwagen- und Autositzbezug sollten dringend noch gewaschen werden, aber da wir seit ein paar Tagen die Großbaustelle hier im Haus haben, macht das nicht so viel Sinn. Der Dreck zieht nämlich gerade buchstäblich durch alle Ritzen und ich weiß nicht, wo ich dann den „frischen“ Wagen sicher lagern könnte.

Also lass ich meinen Mann und seinen Bautrupp erst mal tüchtig wüten, in der Hoffnung, dass die Baustelle vor der Ankunft unseres Babys beendet sein wird. Ob ich dann allerdings noch die Kraft und Motivation für einen Großputz aufbringen kann, bleibt fraglich.

Vielleicht sollte ich vorerst einfach mal meine Tasche fürs Krankenhaus packen, denn das habe ich bisher auch noch nicht getan.

 

*aus dem Lexikon für die Schwangerschaft; rund-ums-baby.de

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